Selbständig singen lernen – Das sind deine Optionen

Zum Abschluss der Artikelserie “Kann man sich das Singen selbst beibringen?” möchte ich deinen Blick auf die Möglichkeiten lenken, mit denen du selbständig singen lernen kannst. Dazu stelle ich dir 6 Programme vor, die dir einen Startpunkt für deine eigenen Recherchen geben.

 

Alle Teile der “autodidaktisch Singen lernen”-Serie findest du hier.

 

Glücklicherweise bestimmt heutzutage dein Wohnort nicht mehr, von wem und was du lernen kannst. Um dir selbst das Singen beizubringen, kannst du dir aus zig Angeboten genau die Anleitungen und Formate heraussuchen, die zu deinem Traum passen.

Ich rate davon ab, ohne ein Programm singen zu lernen. Der Grund? Ein Kurs gibt dir eine Lernstruktur vor. Es ist nicht leicht, an alle Bausteine, die beim Singen eine Rolle spielen, gleichzeitig zu denken, oder die Basics nicht aus den Augen zu verlieren. Bei einem Kurs hat sich der Vocal Coach Gedanken darüber gemacht, wann und wie er die Themen vorstellt. Damit hast du mehr Aussucht darauf, dich kontinuierlich zu verbessern und kannst schneller selbständig singen zu lernen.

 

Hinweis: 

Die hier vorgestellten Programme stellen lediglich Empfehlungen dar. Ich gebe keine Garantie auf Erfolg oder Kompatibilität. Es sind Angebote, die ich entweder selbst ausprobiert habe bzw. die ich seit Jahren aus eigener Neugierde verfolge und die meiner Meinung nach Hand und Fuß haben.

Die hier vorgestellten Programme sind keine Affiliates. Die Verlinkung erfolgt allein zum Zweck der leichteren Auffindbarkeit.

 

So you want to sing … 

“So you want to sing … – Guides for Performers” ist eine Buchreihe der NATS*. Sie behandelt alle gängigen Stilrichtungen im Populargesang und im klassischen Gesang und deckt damit eine unglaubliche Bandbreite ab.

Die Informationen sind nach Stilrichtungen aufgeteilt. Im Populargesang findest du derzeit Bücher zum Music Theater (Musicalgesang), Jazz, Rock ’n’ Roll (Mainstream-Rockgesang), Country, Folk, CCM (Popgesang) und Blues – sowie zu Gospel, Barbershop und A Cappella. Sie geben dir einen soliden Einblick in die Stilistik und Geschichte des Stils, zur Funktionsweise und Pflege der Stimme, und beantworten Fragen, die in Verbindung mit den Genres typischerweise aufkommen. Z.B. Muss man seine Stimme unbedingt ausbilden, um Rock zu singen? Was hat das Great American Songbook mit dem Jazz zu tun? Was unterscheidet CCM vom Music Theater? Und welche Stilrichtungen gibt es alles im Musicalgesang?

Das alles ist gepaart mit Gesangsübungen und Hinweisen zur Songauswahl, so dass du einen guten Start in den Stilen bekommst.

Wenn du jetzt denkst, Bücher sind nur was für Vorträge, aber nicht für die Praxis des Singens, möchte ich dich beruhigen. Die NATS hat diese Reihe explizit für aktive Sänger konzipiert. Das Wissen, was du darin findest, ist für die Praxis aufgeschrieben worden.

 

Die Nachteile? Die Bücher sind nur auf Englisch erhältlich. Wenn du einem Mainstream-Film auf Englisch folgen kannst, solltest du jedoch klar kommen. Zudem brauchst du ein Grundverständnis für Musiktheorie, da die Übungen nur zu Demonstrationszwecken notiert wurden. Um aktiv damit zu üben, wirst du sie an einem Klavier in deine Lage setzen und transponieren müssen.

 

* Die NATS (National Association of Teachers of Singing) ist der Dachverband der amerikanischen Gesangslehrer, ähnlich dem Bundesverband Deutscher Gesangspädagogen (Deutschland) oder der European Voice Teacher Association, die Nationalverbände unter anderem in Österreich und der Schweiz hat.

 

Sing! Die neue Vocal School für Sie / Ihn

Diese zweiteilige Buchreihe (eine Ausgabe für Männer, eine für Frauen) von Petra Scheeser will Singen anhand von Songs vermitteln. Die Gesangsübungen in “Sing! Die neue Vocal School für Sie / Ihn” sind gute Einsteigerübungen. Sie sind aber gar nicht der Fokus dieser Methode. Der liegt nämlich darin, ein Gefühl für Stilistik zu entwickeln.

Das vermittelt die Autorin anhand von 6 Songs, die sich quer durch die Popularmusik ziehen: Pop, Alternative Pop, Rock, Soul, Musical und Jazz. Jeder Song wird analysiert und mit Übungen unterfüttert, die die Problemstellen des jeweiligen Songs aufgreifen. Das bedeutet für dich: Lernen ganz nah an der Praxis.

Ergänzt wird das Buch nicht nur mit einer CD, sondern auch mit Kapiteln zu den Basics (wie funktioniert das Instrument Stimme?, Atmung, Körper), zur Notenschrift, dem Singen in einer Band und zur Stimmpflege.

 

The Four Pillars of Singing

Wenn du lieber die härteren Gesangsstil bevorzugst, solltest du einen Blick auf “The Four Pillars of Singing” von Robert Lunte werfen. Seine Methodik eignet sich sowohl für das autodidaktische Gesangsstudium als auch für traditionellen Gesangsunterricht. Es ist ein Onlinekurs mit Videos und mp3s, der mit einem Buch und Gesangsstunden mit ihm ergänzt werden kann. Zusätzlich betreibt der Autor einen Youtube-Kanal und bietet Workshops in Seattle, Washington und weltweit an.

The Four Pillars of Singing ist ein sehr dichtes Curriculum. Es ist wissenschaftlich fundiert und der Autor steht in regelmäßigem Austausch mit Stimmforschern. Er weiß, wovon er spricht. Das Sympathischste an ihm ist jedoch, dass es ihm wirklich um seine Vokal-Athleten geht. Denen, die sich für TVS entscheiden, bietet er ein umfassendes, korrektes und optimiertes Lernerlebnis. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass er erst vor wenigen Wochen allen Videos im Onlinekurs englische Untertitel verpasst hat – damit Nicht-Muttersprachler den Inhalten leichter folgen können.

Dass die TVS-Methode greift, konnte ich selbst in einem Workshop erfahren. Wir haben mittags 30 Minuten an meiner Stimme gearbeitet und zwei kleine Erfolge gehabt. Das Unglaubliche war aber, dass meine Stimme für den Rest des Tags warm war. Eingesungen. Ready to go. Dass sie auch Stunden später noch reproduzieren konnte, was wir gearbeitet hatten. Dass sie topfit und überhaupt nicht abgekämpft war, wie es damals nach einem langen (Workshop-) Tag gern mal der Fall war. Das hat mir gezeigt, dass greifbare Veränderungen tatsächlich in so kurzer Zeit möglich sind. Im Studium hieß es immer “Stimmtraining braucht Zeit.” Ähm, nein.

 

Der Nachteil? Es ist auf Englisch. Der Autor gibt sich jedoch sehr viel Mühe, es für Nicht-Muttersprachler einfach(er) zu machen, z.B. mit den Untertiteln, dem Buch, wo du in Ruhe alles nachlesen kannst, und der Facebook-Seite, wo du ihn mit Fragen kontaktieren kannst.

 

Money Notes

Meredith Colby hat mich mit ihrem Buch “Money Notes – How to Sing High, Loud, Healthy and Forever” einen riesigen Schritt näher an meine Traumstimme gebracht. Über ihre Gesangsmethode Neuro-Vocal Method habe ich bereits berichtet.

Was dieses Buch anders macht als die “So You Want To Sing…”-Bücher, sind die zusätzlichen Videos und mp3, die du auf ihrer Webseite findest. Sie machen die Übungen verständlich. Du kannst sogar Skype Lessons bei der Autorin nehmen.

In Deutschland kannst du das Buch als eBook oder Taschenbuch. Alle Ressourcen für diese Methode findest du hier.

 

Die Nachteile? Infos über die Neuro-Vocal Method gibt es derzeit nur auf englisch. Auch hier habe ich die Erfahrung gemacht: Wenn du einem normalen Kinofilm oder einer Fernsehserie auf Englisch folgen kannst, kommt du mit dem Buch klar.

 

Singen ohne Angst Online Gesangsschule

Die Singen ohne Angst Online Gesangsschule ist ein Jahreskurs von Fawn Arnold, bei dem du durch wöchentliche Lessons, Liedpassagen, Gesangsübungen und individuelles Feedback singen lernst. Das Ganze wird unterstützt durch eine Facebook-Gruppe, wo du dich mit der Autorin und den anderen Teilnehmern austauschen kannst.

Darüber hinaus findest du viele Videos auf dem dazugehörigen Youtube-Kanal.

 

Singing Success

Brett Mannings “Singing Success” basiert im Großteil auf dem Speech Level Singing – der von Seth Riggs entwickelten Methode, mit der dieser u.a. Michael Jackson unterrichtet hat. Anfängern kann das Singing Success 360-Audioprogramm vieles ermöglichen. Zusätzlich gibt es eine Reihe von Ergänzungskursen für Harmoniesingen, den Mix und Vibrato.

Wie bei allen Kursprogrammen aus dem amerikanischen Raum solltest du bedenken, dass die US-amerikanische Musikszene anders ist als die deutsche. Sie weist eine viel stärkere Verflechtung der Gesangsstile auf, von Musical über Country, Rock und Gospel bis Pop. Nichts ist off-limits. Alles darf ausprobiert werden. Alles darf miteinander kombiniert werden. Ein Training auf eine bestimmte Stilistik hin gibt es nicht. Deshalb endet das SS360 auch mit Unterrichtseinheiten zur Stilistik und Improvisation.

Singing Success war das erste Programm, dass ich direkt nach dem Studium gekauft habe. Im Pop war ich ein Anfänger, als Sängerin jedoch nicht, was meine Erfahrungen damit beeinflusst. Meine stimmlichen Erfolge mit dem Program waren marginal: 2 Halbtöne nach oben erweitert und eine Liebe für Lippenflatter-Übungen entdeckt. Die Audios allein waren mir persönlich zu wenig Anleitung. Ich war und bin bis heute mit Speech Level Singing nicht vertraut. Das hat dazu geführt, dass ich viele Übungen mit Fragezeichen über dem Kopf gesungen habe und sich schnell Frust eingestellt hat. Wer mit Speech Level Singing bereits vertraut ist oder wer im Gesang ganz am Anfang steht, wird vermutlich mit dem Kurs klarkommen. Bei fortgeschrittenen Sängern bin ich skeptisch.

 

Die Nachteile? Wieder einmal: Der Kurs ist auf englisch. Und es gab, als ich damit trainiert habe, keine Texte zum Nachlesen – was heute vielleicht anders ist, da es das Programm mittlerweile als Onlinekurs gibt.

 

Fazit

Ich hoffe, diese 6 Programme erleichtert dir den Start für deine eigenen Recherchen, mit welcher Methode du selbständig singen lernen willst. Es wird wahrscheinlich niemals das EINE Programm geben, das dich von Anfang bis Ende begleitet, also gib nicht auf, wenn du einen Kurs absolviert hast, deine Stimme aber noch nicht da ist, wo du hin möchtest. Und falls du in deinem Kurs stecken bleibst: Schau, ob es einen Youtube-Kanal gibt oder eine Facebook-Seite gibt, wo du weitere Infos bekommst. Kontaktiere den Autor. Oder nimmt ein, zwei Gesangsstunden bei ihm/ihr.

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2 Kommentare
  1. Francesco Steinf. sagte:

    Ich spiele auch seit einiger Zeit mit dem Gedanken mir das singen selbst bei zu bringen, habe leider aufgrund meines Berufes wenig Zeit zu einem Coach zu gehen. Allerdings lese ich immer wieder das es der falsche Weg sei und man sich so sehr schnell viele ireparable Fehler beibringen kann. Aber ich werde es nun dennoch als mit den 6 Programmen versuchen. Vielen Dank dafür und beste Grüße

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    • Jessica Pawlitzki sagte:

      Super! Probier es aus und schau, wie weit du damit kommst. Solange du aufmerksam bist und auf die Signale deines Körpers hörst, wirst du vom autodidaktischen Singenlernen keine irreversiblen Schäden davon tragen. LG Jessica

      Antworten

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