5 Fähigkeiten, die Sänger entwickeln sollten
Singen ist kompliziert. Du sollst auf dieses achten und auf jenes, und dann ist da noch X und Y und Z. Puh, ganz schön anstrengend! Deswegen habe ich meine Top 5 Fähigkeiten, die Sänger entwickeln sollten für dich zusammengetragen.
Letzte Woche bin ich über ein interessantes Video gestoßen: „Singing Teachers Answer: What are the 5 Most Critical Skills for Singers to Develop?“ und habe damit eine sehr unterhaltsame Mittagspause erlebt.
Ich stimme mit der Initiatorin Karyn O’Connor überein, dass es wesentlich mehr gibt als nur diese 5 Fähigkeiten, die Sänger entwickeln sollten. Gleichzeitig war es für mich ein sehr spannender Prozess, meine Top 5 festzulegen. Wenn ich genau nachdenke, spielen sie schon seit Jahren eine Rolle in meiner Methodik. Gut, dass mir das jetzt bewusst ist ;-)
Many Thanks go to Karyn O’Connor from singwise.com for stirring up my brain! I loved to watch the video, mindmap my own thoughts and come to my own conclusions.
1. Fähigkeit: Sängeratmung und Support
Ohne Sängeratmung und Support ist deine Stimme nicht leistungsfähig – und das meine ich nicht im Höher, Schneller, Weiter Leistungssinn. Wie Benzin in einem Auto läuft ohne Sängeratmung und Support nichts im Gesang.
Die Sängeratmung wird landläufig auch Bauchatmung genannt. Zwerchfell und Bauchmuskeln bilden dabei ein eingespieltes Team. Mein Tipp: Beim Schlafen verwendest du sie schon. Du musst sie also nicht komplett neu lernen.
Mit Support klingt deine Stimme kraftvoll und laut. Du hast die Kontrolle darüber, wann du laut oder leise, kraftvoll oder verwundbar klingst. Wie lang du lange Noten singst. Wie intensiv deine Töne klingen. Dass du sauber singst.
2. Fähigkeit: Atem-Ton-Balance
Mit der Atem-Ton-Balance funktioniert deine Stimme optimal. Dabei werden die Ausatmung und die Arbeit der Stimmbänder koordiniert. Das Resultat ist eine klare Stimme, die weich einsetzt und absetzt.
Eine gute Atem-Ton-Balance ist ein Zeichen guter Stimmgesundheit. Diese Fähigkeit hebt viele anderen Probleme auf, z.B. mit der Intonation, der Resonanz, dem Support, der Registermischung und der Kontrolle über deinen eigenen Klang.
Übrigens bedeutet es nicht, dass du immer mit einer klaren Stimme und weichem Ein- und Absatz singen musst. Um aber die verschiedenen Einsatzarten, Absätze und Distortions zu verstehen und anwenden zu können, ist die Atem-Ton-Balance die perfekte Ausgangsbasis.
3. Fähigkeit: Register
Wenn die Atmung das Benzin in deinem Auto ist, dann sind die Register die Bauteile des Motors. Sänger sollten alle Register beherrschen. Popgesang ist nicht gleich Bruststimme und im klassischen Gesang wird nicht allein die Kopfstimme benutzt.
Das bedeutet:
- Du kannst alle Register abrufen.
- Die Töne in jedem Register sind gleichmäßig und stabil.
- Du kannst die Register vermischen und überblenden.
Ich vermittle die 2-Register-Theorie von Bruststimme / Vollschwingung und Kopfstimme / Randschwingung. Ob du mit 3, 4, oder 18 Registern arbeitest, ist deine Entscheidung. Aber: Beherrsche sie.
Die Arbeit an den Registern ist wie die Mechanik einer Uhr. Ein Teil muss ins andere greifen, damit die Uhr zum Schluss funktioniert.
4. Fähigkeit: vordere Resonanz
Die Fähigkeit, den Ton vorn zu platzieren ist wichtig, wenn du in einer anderen Sprache als deutsch singst.
Was meine ich mit „vorn platzieren“? Du kannst den Vokal A zum Beispiel ganz dunkel singen, wie ein Opernsänger, oder ganz hell, wie ein freches Kind. Das eine klingt ganz anders als das andere, aber beide Male wirst du deutlich den Vokal A hören.
In der deutschen Sprache ist die Resonanz eher rückwärts gerichtet, besonders die südlichen und östlichen Dialekte. Der Klang ist kehlig, dunkel und dumpf. Das ist auch vollkommen ok. Die englische Sprache, besonders der Südstaaten-Akzent der US-Amerikaner, klingt dagegen eher vorn. Der Klang ist hell, fast schrill und manchmal auch nasal.
Wenn du nun als Deutsch-Muttersprachler Englisch singst und dabei die dunkle Kehlresonanz verwendest, hört dir jeder an, dass du Deutsch-Muttersprachler bist. Dein Englisch klingt deutsch.
Die Vorderresonanz hat noch einen weiteren Vorteil: Mit ihr werden dir Twang und Belting leichter fallen – zwei Techniken, die für diese furchtbar geilen, lauten, hohen Töne verantwortlich sind.
5. Fähigkeit: eine klare Artikulation
Die Lyrics unterscheiden uns Sänger fundamental von anderen Musikern. Nur wir haben diese zusätzliche Aufgabe. Wir haben es in der Hand, dass das Publikum versteht, worum es in einem Song geht.
Mit der Fähigkeit, den Text deutlich und ohne Einfluss auf die Arbeit im Kehlkopf zu artikulieren, besitzt du eine ungeheure Macht.
Es gibt Genres, da nimmt man das nicht so genau. Im Metalcore zum Beispiel verstehst du im ersten Moment gar nichts. Wenn du dort ein paar Vokale unterscheiden kannst und das ein oder andere Wort verstehst, ist das schon akzeptabel. (Melissa Cross darf mir da gern widersprechen. Sie legt sehr viel Wert darauf, dass man auch bei starken Distortions noch den Text versteht.)
Falls dein Herz für andere Musikstile schlägt, lass das Publikum bitte deine Messages verstehen. Sie schenken dir ihre Lebenszeit, wenn sie deine Auftritte besuchen. Sie wollen dich hören. Also gib ihnen etwas im Gegenzug: eine Geschichte, die sie mitreißt; einen Text, den sie verstehen; ein Klang, der sie fesselt.
Auch hier gilt: Du musst nicht immer astreines Hochdeutsch oder Standard English singen. Aber die Fähigkeit, es zu können, macht den Unterschied zwischen einer persönlichen Vorliebe und Machtlosigkeit.
Ein weiterer Pluspunkt, wenn du deine Artikulation verbesserst: Du machst die Artikulatoren unabhängig vom Kehlkopf. Zunge, Unterkiefer und Rachen haben oft starke Verspannungen, die die freie Arbeit des Kehlkopfs und der Stimmbänder behindern. Das handelt dir Probleme im Klang und in der Intonation ein.
Fazit
Da hast du’s, meine Top 5 Fähigkeiten, die Sänger entwickeln sollten: Sängeratmung und Support, Atem-Ton-Balance, Register, Vorderresonanz und eine klare Artikulation. Ich hoffe, du hast nun mehr Klarheit.
Falls du Lust auf eine Fortsetzung hast, z.B für fortgeschrittene Sänger, oder welche Song-Skills entscheidend sind, lass mir gern einen Kommentar da.
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