Jeder kann singen! Rezension

Jeder Mensch kann singen – das sage ich Jedem, der mich nach meiner Meinung fragt. Manchmal ernte ich darauf ein verlegenes Durchatmen, manchmal ungläubige Blicke. Jeder? Ja, wirklich jeder! Wie du den Einstieg schaffst, möchte ich dir heute mit der Rezension des Buchs „Jeder kann singen! Wie Singen im Alltag glücklich macht“ von Michael Betzner-Brand zeigen.

Was ist das „Jeder kann singen!“ Buch?

„Jeder kann singen! Wie Singen im Alltag glücklich macht“ ist ein knapp über 100 Seiten starkes Büchlein von Chorleiter Michael Betzner-Brandt. Es stammt vom Bärenreiter-Verlag und beinhaltet neben dem Buch eine CD.

 

Das Buch ist in theoretische und praktische Kapitel unterteilt. In den theoretischen Hintergrundkapiteln geht es um die Zusammenhänge beim Singen. Du lernst die Faktoren kennen, die mit dem Singen in Verbindung stehen. Du wirst schwarz auf weiß mit den eigenen Zweifeln konfrontiert. Und du erfährst von den positiven Nebeneffekte, dass Singen wirklich etwas bringt – für Körper, Geist und Seele.

In den praktischen Kapiteln geht es ans Eingemachte: Du nimmst ersten Kontakt zu deiner Stimme auf. Übung nach Übung erfährst du, wozu sie alles im Stande ist. Und nebenbei singst du dich quer durch deine Seele und wirst mit Songs motiviert.

 

Das Buch „Jeder kann singen!“ will „konkrete Übungen, weiterführende Ideen und Songs an die Hand […] geben, so dass Sie im Alltag, zu Hause, im Auto, im Zug oder auf dem Fahrrad mit Ihrer Stimme in Kontakt kommen und singen können“. (Seite 9)

Es bietet Skeptikern der eigenen Sangeskunst erste Schritte an, um auf innovative und effektive Art die eigene Stimme zu entdecken. Denn genau das ist Singen: Entdecken. Erforschen. Erfreuen.

 

Was kann das „Jeder kann singen!“ Buch?

Das Geleitwort von Herrn Scherf, seines Zeichens Präsidenten des Deutschen Chorverbands, macht Mut: Beim Singen sind wir Akteure.

Unter diesem Aspekt steht nicht nur das gesamte Buch. Auch die Hintergrundkapitel diesem Motto. Sie sind informativ und kurzweilig, ohne in dröge Theorie einzutauchen. Man merkt, er hat Erfahrung mit Anfängern und Skeptikern. Schon im Vorwort nimmt er jedem die Angst vor dem Leistungsdruck und ermuntert den Leser zum sofortigen Ausprobieren und Kontaktaufnehmen.

 

„Jeder kann erleben, dass Singen einfach ist und glücklich macht.“ (Seite 12)

 

Der Autor führt den Leser kurz zur Quelle des Gesangs, der Atmung, und nimmt ihm den Druck, so klingen zu müssen, wie jemand anderes. Jemand, der er oder sie nicht ist. Denn wir alle sind schon wer: Wir selbst. Den Leistungsdruck nimmt er zusätzlich heraus, indem die Übungen und Lieder ohne Wörter auskommen.

 

„Manch einer denkt gar, er könne nicht singen, weil er die Texte der Lieder nicht kennt. „Singen können“ wird gleichgesetzt mit „Lieder inklusive Text singen können“. In diesem Buch [lassen wir] den Bereich der Wort-Sprache außen vor.“ (Seite 70)

 

Er beleuchtet die Faktoren, die Menschen vom Singen abhält und lädt den Leser dazu ein, selbst aktiv zu werden. Anschließend erzählt er von der Universalsprache Musik und beleuchtet die emotionalen Landschaften, die dadurch zum Klingen kommen.

Schließlich stellt er noch den „Ich-Kann-Nicht-Singen-Chor“ vor. Das ist Projektchor und Workshop in einem. Und egal, wie hoffnungslos sich die Teilnehmer einstufen, am Ende singt wirklich jeder.

Die Theorie-Kapitel sind mit inspirierenden Zitaten gespickt.

 

Im Gegensatz dazu findest du in den Praxiskapiteln zahlreiche Übungen und Songs, die dich zum Klingen bringen. Die Übungen haben Einsteiger-Niveau und sind improvisatorisch frei angelegt. Gleich zu Beginn des Buchs spricht der Autor eine wichtige Erlaubnis aus:

 

„Singen Sie so laut bzw. so leise, wie es für Sie und Ihre Nachbarn o.k ist.“ (Seite 9)

 

Im Kapitel „Warm-Up“ findest du 5 frische Übungen, die den Körper lockern. Im Kapitel „Atmung“ sind es 6 Übungen, die dich den Atem erfahren lassen. Fast schon philosophisch: Der Atem ist die sprichwörtliche Quelle der Inspiration, des Spirits und der Begeisterung. Meine Schüler weise ich oft genug darauf hin, dass ohne Atem kein Ton möglich ist. Was für eine schöne Erinnerung, dass das nicht nur für die Physik gilt, sondern auch für die mentale Ebene.

Im Kapitel „Tonerzeugung und Verstärkung“ lenkt der Autor den Fokus des Sängers immer wieder weg von einer rationalen Beurteilung der Stimme. Stattdessen lenkt der den Blick auf die Frage „Fühlt sich das gut an für dich?“ Getreu diesem Satz sind die 13 Übungen dieses Kapitels eine praktische Schritt-für-Schritt-Anleitung von den ersten Tönen bis zu Bordunklängen.

 

Das Kapitel „The band in my body“ beschreibt Betzner-Brandts Konzept von dit janze. Sein Ziel? In insgesamt 10 Übungen die Musik mit dem ganzen Körper wahrnehmen. Unten im Becken die Grundtöne als Fundament. Im Rumpf die Melodien. Und im Kopf schließlich die rahmenden Obertöne. In sich nachspüren. Und schließlich lautmalerisch nachbilden. Im Kapitel „Lieder ohne Worte“ wird das um Sprachsilben erweitern. Die 6 Übungen nehmen Hemmungen und bieten einen Ausflug in den Scatgesang an.

Eine erneute Erweiterung findest du im Kapitel „Ich singe was, was du nicht siehst“: die Gefühle und die Seele können sich Gehör verschaffen. Der Fokus ist eine „starke Verbindung zu Ihrer gegenwärtigen oder vorgestellten Emotion und Ihrem Körpergefühl“ (Seite 90). Und lädt auf diese Art dazu ein, sich die Welt zum Subjekt des eigenen Singens zu machen.

Alle Praxisteile münden in der „Bodyphony“. Du singst 20 Minuten lang zur CD und bist dabei Ausführender und Publikum zugleich. Die Idee dahinter beschreibt Michael Betzner-Brandt so:

 

„… dass eine Gruppe, die sich kaum kennt, schöne, ansprechende Musik miteinander gestalten kann, wenn jeder mit sich, seinem Körper und seiner Stimme verbunden ist und bereit ist, offen und sensibel mit anderen zu kommunizieren.“ (Seite 101)

 

Für wen ist das „Jeder kann singen!“ Buch geeignet?

Das Buch „Jeder kann singen! Wie Singen im Alltag glücklich macht“ von Michael Betzner-Brandt kann für drei verschiedene Zielgruppen interessant sein.

 

Für Anfänger.

Je mehr jemand von sich behauptet, nicht singen zu können, desto mehr profitiert er oder sie von diesem Buch. Er oder sie muss sich nur trauen.

 

Für Sänger, die möglichst sanft ins Improvisieren einsteigen wollen.

Nicht unbedingt mit dem Ziel, in 14 Tagen scatten zu können wie Ella Fitzgerald. Dafür gibt es zielgerichtetere Workshops. Aber wer es einfach mal ausprobieren will. Zum Beispiel Sänger mit klassischem Gesangstraining, die damit noch nie in Berührung kamen.

 

Für Vocal Coaches.

Selbstverständlich nur die, die sich fortbilden wollen. Gesangslehrer und Vocal Coaches, die nach neuen und anfängertauglichen Übungen und Sichtweisen suchen – für die eigenen Schüler, oder einen Workshop, oder um der ganz alltäglichen Betriebsblindheit vorzubeugen, oder oder oder…

 

Die Eckdaten

Titel: Jeder kann singen! Wie Singen im Alltag glücklich macht
von Michael Betzner-Brandt
Verlag: Bärenreiter
ISBN: 978-3-7618-2332-3
Preis: 15,50€ (Stand: 03.07.17)
Erhältlich im: Musikalienhandel und Buchhandel

 

Fazit

Das Faszinierende an diesem Buch ist die Konventionslosigkeit. Michael Betzner-Brandt beschreibt in „Jeder kann singen!“ ein Konzept frei von Zwängen, Noten und Systemen und geht stattdessen den unasphaltierten Waldweg: in die Improvisation, ins Treibenlassen, ins „Kiek’n wa ma!“ und letztendlich in die Befreiung verklemmter Stimmen. Das Buch lädt ein zum Einfach Lossingen und zur Entdeckungsreise in den eigenen Gesang.

 

Alle Zitate stammen aus dem Buch „Jeder kann singen! Wie Singen im Alltag glücklich macht“. Michael Betzner-Brandt, Bärenreiter Kassel, 2014.


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2 Kommentare
  1. Fitzi_2022 sagte:

    Liebe Jessica,
    ein toller und wahnsinnig lesenswerter Artikel rund um die Musik und das leider immer noch zu häufig unterschätze Singen. Besonders Deine Atemübungen sind auch für eine erfahrene Sängerin immer wieder hilfreich! DANKE!!

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