Üben ist Zeit für’s Ich!

Sich Zeit nehmen für sich selbst ist heute wichtiger denn je. Jedes Üben ist daher Zeit für's Ich.

Der Januar ist an allen Ecken geprägt von guten Vorsätzen. So landen bei Sängern diverse Ziele rund um das Thema „Singen“ auf der „Gute Vorsätze für’s neue Jahr“-Liste. Meist ganz oben: täglich üben. Damit dies nicht zur Qual wird, möchte ich dir heute eine etwas andere Perspektive zum Thema Üben aufzeigen.

 

Gute Vorsätze scheitern!

Wenn wir ehrlich sind, ist unser Leben ziemlich hektisch. Jeder will etwas von uns, der Chef, die Freunde, die Kinder, der Partner. Wir und unsere Ziele kommen deshalb immer zu kurz.

Aus dem guten Vorsatz „täglich üben“ wird dann spätestens im Februar „2-3x pro Woche üben“. Im März sind wir schon froh, regelmäßig den Punkt „1x pro Woche ein bisschen singen“ von der To-Do-Liste zu streichen. Und im Sommer geht er ganz flöten.

Dreh den Spieß doch mal um. Mach dich selbst zur obersten Priorität! Denn:

 

Üben ist Zeit für’s Ich!

Gesang zu üben ähnelt nicht den Hausaufgaben aus der Schulzeit – etwas, das man machen muss. Mit Neugierde und Spaß lernt es sich erwiesenermaßen besser.

Betrachte das Üben als Auszeit für dich. Darin nimmst du dir ganz bewusst Zeit und kannst wieder zu dir selbst finden.

Die Übesession muss deshalb auch nicht gleich mit Tönen beginnen. Atme tief durch. Mach eine Runde Yoga oder Pilates. Lockere die verspannten Muskeln und schüttle den Frust ab. Diese Entspannungsphase ist keineswegs verplemperte Zeit! Körper und Geist eines Sängers haben großen Einfluss. Sie lassen sich nämlich nicht vom Instrument Stimme trennen.

Diese Phase zu Beginn des Übens ist daher zum Einen körperliche und geistige Konzentrierung. Gemäß dem Ursprung des Wortes con-centere ein „mit(tiges) zentrieren“. Zum Anderen wärmst du dich als Gesamteinheit „Sänger“ mit Körper, Geist und Seele komplett auf.

Also: Sperr die Anderen und ihre Ansprüche an dich aus, wenn du die Tür zum Proberaum schließt.

 

Denk an dich selbst! 

Dass das Üben eine Zeit für uns selbst sein kann, erscheint uns fremd. Wir werden dazu erzogen, uns selbst hinten anzustellen und stattdessen immer für Andere da zu sein. Nicht egoistisch zu sein, sondern selbstlos. Doch wie kannst du den Menschen in deinem Leben Gutes tun, wenn es dir selbst schlecht geht? Ich finde es sehr nachvollziehbar, dass immer mehr Berufstätige mit Burnout krank geschrieben werden. Sie gehen – scheinbar ! – so sehr in der Arbeit für Andere auf, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes Selbst-los sind.

Zieh die Reißleine und grenze dich ab! Egoismus, gesund gelebt, ist nicht negativ. Das Leben ist ein Geben und Nehmen, ein Spagat zwischen „liebe deinen Nächsten“ und „liebe dich selbst“. Sorge dich um dich selbst und pflege deine Seele. Wenn Singen zufällig zu dieser Seelennahrung gehört, klasse! Falls es Waldspaziergänge sind oder ein Urlaub am Meer oder ein Treffen mit der besten Freundin, auch toll!

Wichtig ist die Balance. Und die funktioniert nur, wenn du auch egoistisch bist.

 

Sei clever!

Wenn du jetzt Feuer und Flamme bist, das Üben für’s Ich auszuprobieren, du aber keinen Schimmer hast, wie es dir gelingen soll, dann habe ich hier ein paar Tipps für dich.

  • Gib dem Üben und der Ich-Zeit eine Priorität. Erst, wenn uns etwas wichtig ist, schaffen wir Zeit dafür in unserem Leben. Du hast die Wahl. Also triff eine bewusste Entscheidung.
  • Vereinbare einen Termin mit dir selbst. Das letzte, was wir brauchen, sind noch mehr Termine. Dieser jedoch geht Hand in Hand mit der Priorität, die ich gerade angesprochen habe. Nur, weil du das Singen üben zu einer Priorität machst, erfüllt es sich nicht von allein. Es muss zur Gewohnheit werden – und dazu hilft ein „Stundenplan“.
  • Kläre mit deiner Familie oder deinen Mitbewohnern ab, wann du nicht erreichbar bist – auch wenn du dich nur im Nebenzimmer befindest. Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche und ungestörte Zeit.
  • Steck dir ein Ziel, das du erreichen willst. Nur ein Ziel pro Üben. Es soll nicht in Stress ausarten! Gib dir selbst den Freiraum, nur eine Sache zu verfolgen. Und wenn das bedeutet, dass du die ganze Zeit auf der Yogamatte verbringst. So what? Wer urteilt denn über dich? Die anderen haben kein Recht – erinnere dich an die Tür, mit der du sie von deiner Ich-Zeit ausschließt.
  • Experimentiere mit dem Ablauf. Probiere aus, was mit dir passiert, wenn du das Üben mit Summen startest, eine Runde Yoga machst und dann deinen Lieblingssong singst, bevor du an deiner Gesangstechnik feilst. Oder wie wäre es mit einem traditionellen Einsingen, eine bisschen Gesangstechnik, deinem Lieblingssong und zum Abschluss etwas Atmen und Meditieren? Oder vielleicht kriegst du den Kopf besser frei, wenn du per Los das Schicksal entscheiden lässt? Probiere aus, was dir gut tut. Das darf gern jedes Mal etwas anderes sein.
  • Überleg dir eine Routine. Du musst sie ja nicht gleich in Stein meißeln. Wenn du mit dem Experimentieren einen Ablauf gefunden hast, der dir gut tut, probiere ihn für einige Zeit aus. Lass es ein Ritual werden. Diese helfen uns im Alltag, denn sie nehmen uns die bewusste Entscheidung und das Denken ab. Das Gehirn liebt das! Deswegen ist es auch so schwer, alte Gewohnheiten aufzugeben: unser Gehirn muss dabei nicht denken. Das spart Energie.
  • Sing deinen Lieblingssong. Ode einen Song, den du schon immer mal ausprobieren wolltest. Oder teste Songs aus dem neuen Songbook aus, das du dir gekauft hast. Sich glücklich zu fühlen ist eine gute Grundlage für das Singen und Üben.
  • Schmeiß den Perfektionismus über Bord. Das Üben muss kein Resultat bringen. Gib dir selbst die Erlaubnis dazu und akzeptiere, dass es Tage gibt, an denen du Bäume ausreißen könntest, und Tage, an denen es zu Blumen und Gras reicht. Du willst dir etwas Gutes tun, nicht dich zermartern.

 

Fazit

Es ist möglich, sich aus dem Hamsterrad des Müssen’s zu befreien. Beim Singen gelingt das am leichtesten, wenn du das Üben zuhause nicht als Pflicht, sondern als Belohnung für dich selbst betrachtest. Nimm dir die Zeit, dich um dich selbst zu kümmern und probiere ein paar der Tipps aus, die ich genannt habe.

 


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