Vocal Exercises for Building Strength, Endurance and Facility Rezension

Heute möchte ich dir ein weiteres Buch für das Gesangstraining vorstellen: Vocal Exercises for Building Strength, Endurance and Facility von Elaine Schmidt.

 

 

Was ist das Vocal Exercises Notenheft?

Das 32-seitige Heft wurde von Elaine Schmidt geschrieben und ist Teil der Pro Vocal-Reihe des amerikanischen Notenverlags Hal Leonard. Ziel des Notenhefts ist es, die Stärke, Ausdauer und Flexibilität der Gesangsstimme zu trainieren.

Das „Vocal Exercises“ Heft umfasst 20 Übungen und 6 Songs. Die Übungen sind überwiegend Singübungen und einige Sport- und Bewegungsübungen.

Die Übungen behandeln folgende Themen:

  • 1 Bewegungsübung für die Haltung (#1)
  • 2 Sportübungen für die Rumpfmuskulatur (#15 und 16)
  • 2 Gesangsübungen für den Support (#2 und 3)
  • 7 Gesangsübungen für Intonation und Intervalle (#4, 5, 6, 7, 9, 18 und 19)
  • 1 Gesangsübung für „simple lines“, die legato und gut supported gesungen werden müssen, um interpretativ und musikalisch zu wirken (#17)
  • 1 Gesangsübung für das Staccato (#8)
  • 1 Gesangsübung für das Vibrato (#10)
  • 2 Gesangsübungen für die Dynamik (#11 und 12)
  • 1 Gesangsübung zum Transponieren von Übungen und Songs (#13)
  • 2 Gesangsübungen für eine flexible Stimme (#14 und 18)
  • 6 Gesangsübungen für eine deutliche Aussprache (#20)

Am Ende des Vocal Exercises Notenhefts findest du zwei Songs, an denen du ausprobieren und überprüfen kannst, wie du das Gelernte umsetzt.

 

Die Gesangsübungen in Vocal Exercises for Building Strength, Endurance and Facility

Die Gesangsübungen sind jeweils doppelt notiert: je einmal für hohe Stimmen und tiefe Stimmen. Der Unterschied zwischen beiden beträgt zwischen einer Terz und einer Quinte.

Die Gesangsübungen sind durchweg in langen Notenwerten notiert. Der Autorin ist die Kontrolle wichtig, die du über die Stimme bekommen sollst. Die Tempi sind recht langsam, so dass du jederzeit Fehler korrigieren kannst.

Mir fiel positiv auf, dass Elaine Schmidt mit sehr unterschiedlichen Methoden arbeitet und so verschiedene Lerntypen abdeckt. Es gibt Übungen mit kinästhetischem oder auditivem Schwerpunkt. Einige Intonationsübungen arbeiten mit einem Stimmgerät, wie du es von Gitarristen kennst. Und manche Schwerpunkte, die in einer Gesangübung trainiert wurden, werden in der nächsten Übung anhand eines Songs erprobt.

Die Vibrato-Übung hat dich sicherlich überrascht. Elaine Schmidt schreibt dazu: „Du kannst mit oder ohne Vibrato singen, wie die Musik und dein Geschmack es anzeigen.“ und weiter „Stell dir Vibrato wie einen Schal oder eine Krawatte vor, die du trägst, um ein Outfit zu vervollständigen, und dann kannst du damit nicht falsch liegen. Stell es dir wie eine Uniform vor, die du immer trägst und du wirst mit Sicherheit falsch angezogen sein.“ (S.12, Anm.: Übersetzung der Autorin) In Deutschland herrscht die Meinung, ein Popsänger darf kein Vibrato haben. In den USA hingegen hat jeder Popsänger Vibrato. Sie benutzen es nur nicht immer.

 

Das Notenheft ist auf Englisch geschrieben. Ein paar Übungen gibt es lediglich in Textform. Das setzt voraus, dass du mehr als Schulenglisch kannst, um die beschriebenen Themen zu verstehen und korrekt ausführen zu können.

 

Die Songs in Vocal Exercises for Building Strength, Endurance and Facility

Außer den zwei Songs am Ende des Hefts beinhaltet das „Vocal Exercises“-Heft vier weitere Songs, an denen du einzelne Themen üben kannst.

Die Songs stammen aus unterschiedlichen Genres und bieten dir eine breite Auswahl an Übungsreperoire.

  • The House of the Rising Sun, Folk Song
  • Look for the Silver Lining, Musical Theatre
  • Sometime I Feel Like a Motherless Child, Spiritual
  • I Ain’t Got Nobody, Standard
  • Hard Times Come Again No More, Parlor Song
  • Danny Boy, Folk Song

 

Diese Auswahl ist typisch amerikanisch. Viele US-amerikanische Gesangskollegen empfehlen in ihren Blogs, auf ihren Webseiten und in den von ihnen herausgegebenen Notensammlungen genau diesen bunten Mix aus Volksliedern, Gospels & Spiritual, Musical Theatre Songs, klassischen Stücken und Pop-Nummern. Nichts schließt sich gegenseitig aus oder ist gar wie in Deutschland klar in Pop, Klassik und Jazz getrennt. Dieses genreübergreifende Lehren bewirkt, dass Sänger sehr flexibel und spontan in fremden Stilen singen können.

Die Auswahl der Tonarten ist leider nur bedingt geglückt. Danny Boy und I Ain’t Got Nobody sind für Anfänger zu hoch angesetzt. Als tiefe Stimme kannst du I Ain’t Got Nobody problemlos oktavieren. Bei Danny Boy wird das aufgrund des großen Umfangs jedoch schwierig. Da hilft es nur, den Song in eine App hochzuladen, die ihn tiefer abspielen kann.

Auf der CD sind die Songs, ebenso wie die Gesangsübungen, jeweils zweimal vertreten. Einmal singt ein Sänger oder eine  Sängerin den Song vor. Zum zweiten Track kannst du selbst zum Klavier mitsingen. Die Melodie wird vom Klavier mitgespielt.

 

Die CD in Vocal Exercises for Building Strength, Endurance and Facility

Das „Vocal Exercises“ Notenheft kommt mit CD. Pro Gesangübung findest du 4 Tracks – 2 für hohe Stimmen und 2 für tiefe Stimme. Für jede der beiden Stimmlagen wird die Übung im ersten Track vorgesungen, während du zum zweiten Track selbst singen kannst.

Es klingt wie ein tolles Konzept. Doch leider hat dieses Notenheft mit Gesangsübungen hier am falschen Ende gespart, denn wirklich praxisnah wurden die Gesangsübungen nicht umgesetzt. Die Tracks zum Selbstsingen sind zu kurz, um wirklich damit arbeiten zu können. Einmal eine Durtonleiter im Quintraum rauf und runter reicht nicht, um einen Sachverhalt wirklich in der Stimme zu verankern. Die Zungenbrecher-Übungen weisen immerhin in die richtige Richtung: in der zweiten Runde wird das Tempo schneller. Doch auch hier bleibt der Trainingseffekt aus.

Die Absicht der Autorin wird erst mitten im Heft klar. Bei der Übung zum Transponieren (S.16) schreibt sie:

„You can transpose anything you’re working on simply by starting a whole step higher or lower than the note on which the song or phrase begins. Once you’re comfortable in that key area, take another step in the same direction. Always work on it a day or two before moving another step oder returning to the original key.“

 

„Du kannst alles, an dem du arbeitest, transponieren, indem du ganz einfach einen Ganzton höher oder tiefer anfängst als die Startnote des Songs oder der Phrase. Wenn du dich in dieser Tonart wohl fühlst, machst du einen weiteren Schritt in dieselbe Richtung. Arbeite immer ein oder zwei Tage daran, bevor du einen weiteren Schritt machst oder zur Originaltonart zurückkehrst.“ (Anm.: Übersetzung der Autorin)

 

Ich formuliere es mal anders: Trainiere ein oder zwei Tage in ein und derselben Tonart, bevor du weiter transponierst.

Damit bekommst du Sicherheit und Kontrolle über deine Stimme. Ja, absolut.

Aber Flexibilität für coole Riffs, wie bei Adele und Christina Aguilera? Nein. Die trainiert man, in dem man die Stimme innerhalb kurzer Zeit vielen unterschiedlichen Tonarten aussetzt und das Tempo steigerst, damit die Muskeln lernen, innerhalb kürzester Zeit korrekt zu arbeiten.

Wenn du die Gesangsübungen in verschiedenen Tonarten üben willst, nimm dir einen Pianisten oder eine Transponier-App. Der Nachteil: Als Laie kannst du häufig nicht einschätzen, wie weit du die Übungen in die Höhe oder Tiefe singen solltest.

Auch das hat Elaine Schmidt anscheinend bedacht, denn auf Seite 4 sagt sie: „Wenn eine Übung zu hoch oder tief für dich wird, wenn sich dein Hals verspannt anfühlt, wenn du anfängst, dich anzustrengen, oder wenn du die Note nicht triffst, hör auf und benutze den Bereich (hoch oder tief), der bequem ist.“ Dieser Satz bezieht sich jedoch lediglich darauf, welchen der beiden CD-Tracks du benutzen sollst.

 

Für wen ist das Vocal Exercises Notenheft geeignet?

Bei diesem Heft fällt mir die Empfehlung deutlich schwerer als bei früheren Rezensionen. Die Methodik der Autorin ist deutlich anders als mein eigenes Verständnis davon, wie man Stimmen trainiert.

Am meisten profitieren absolute Anfänger von der Methodik. Vor allem, wenn sie an der Intonation und der Kontrolle über die Stimme arbeiten wollen.

Fortgeschrittenen Sängern empfehle ich das Buch nur, wenn sie unbedingt ein paar neue Übungen ausprobieren wollen. Die Übungen sind für erfahrene Sänger Grundlagen-Übungen, um die Gesangstechnik aufzufrischen. Wirklich Neues werden sie nicht entdecken. Diese Sänger sollten außerdem fit sein, die Übungen am Klavier selbst zu begleiten, um Tempo und Transpositionen individuell festlegen zu können.

Auf jeden Fall empfehle ich, das Vocal Exercises Notenheft wie ein Kochbuch zu verwenden: Such dir ein paar Übungen heraus, um deine Problemstellen zu trainieren. Für ein systematisches Bearbeiten ist das Heft nur bedingt geeignet.

 

Die Eckdaten

Titel: Vocal Exercises for Building Strength, Endurance and Facility von Elaine Schmidt
Verlag: Hal Leonard
ISBN: 978-1-4803-6564-3
Preis: 12,45€ als Taschenbuch (Stand: 27.4.17)
Erhältlich im: Musikalienhandel und Buchhandel

 

Fazit

Das „Vocal Exercises“-Notenheft ist eine Möglichkeit, einen genauen Blick auf die eigene Gesangstechnik zu werfen. Anhand von 20 Übungen und 6 Songs und der beiliegenden CD werden vor allem die Intonation und Artikulation trainiert. Das Heft eignet sich am besten für Anfänger im Gesang. Erfahrene Sänger werden es wahrscheinlich nur zum Auffrischen der Technik benutzen.

 


Verwandte Artikel:

MerkenMerken

Du fandest diesen Artikel interessant oder hilfreich? Dann teile ihn!

0 Kommentare

Hinterlasse ein Kommentar

An der Diskussion beteiligen
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert