Geduld ist die Grundlage des Übens

Geduld zu haben ist beim Singen geanuso wichtig wie im Leben. Doch wie entwickelst du diese Fähigkeit? Heute möchte ich dir einige Anregungen für mehr Gelassenheit beim Singen üben vorstellen.

 


Wenn du dir im Gesang ein Ziel setzt, willst du es am liebsten sofort erreichen. Du willst gestern schon kraftvoll, schön und mühelos klingen. Doch nur selten läuft es so.

Genau dort ist es wichtig, geduldig mit dir selbst zu sein, um deine Herausforderungen zu meistern.

Wie du Geduld beim Üben entwickelst

Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, wie du beim Singen und Üben Gelassenheit aufbringen kannst. Viele Ideen sind selbsterklärend. Eine kleine Auffrischung schadet aber sicher nicht. Denn Geduld ist auch nur eine Gewohnheit, die du trainieren kannst.

Bleib präsent

Eine der ersten Übungen, die meine Sänger lernen und mit der ich regelmäßig mein Üben starte, ist das Atmen. Du kommst automatisch in die Gegenwart, wenn du dich anfangs 2-3 Minuten lang auf deine Bauchatmung konzentrierst.

Die Sängeratmung hilft dir den Stress mit dem Kunden, den Zoff mit der besten Freundin oder die Erwartungen der Schwiegereltern zu vergessen und dir gleichzeitig einfach mal keine Sorgen um die Zukunft zu machen. Alles, was zählt, ist dein Atem.

Und wenn deine Gedanken driften, während du übst, unterbrich deine Gedanken. Sag “Stop” und werde dir wieder der Aufgabe bewusst, die du eigentlich gerade erledigen wolltest.

Manage deine eigenen Erwartungen

Die Musikerin Felicia Ricci hat mal gesagt: “Singen ist eine 50jährige Ehe, keine Wochenende-Affäre.”

Du hast wahrscheinlich ein großes Ziel, das du als Sänger/in erreichen möchtest. Es strahlt hell wie eine 10 Meter hohe Reklametafel in dunkelster Nacht. Doch du wirst es so schnell nicht erreichen, und du wirst nicht jede Woche deutliche Erfolge sehen.

Damit du nicht frustriert das Mikrofon in die Ecke wirfst, empfehle ich dir, auch kleine Erfolg zu feiern. Eine Weltreise geht mit ein paar Schritten los und ein großes Ziel erreichst du über kleinere Zwischenziele. So behältst du deine Freude am Singen.

Gib der Übung Zeit zu wirken

Beim Singen lernen geht es darum, deine Wahrnehmung zu schulen. Du darfst deinen Körper neu wahrnehmen. Deine Stimme neu entdecken. Dein Hören schulen. Deine Aufmerksamkeit trainieren.

Bis du bei einer neuen Übung den Dreh raus hast und einschätzen kannst, worauf du achten musst, wirst du sie sehr wahrscheinlich falsch ausführen. Sie wird nicht so klingen, wie dein Vocal Coach oder der Onlinekurs es dir vorgemacht hat. Du wirst nicht wahrnehmen, worauf du im Körper / in der Atmung / in der Resonanz / … achten sollst.

Und das ist okay so.

Diese Entdeckungsreise darfst du gehen. Gib dir selbst die Zeit dafür.

Und bis du weißt, was du tust, darfst du dich selbst nicht beurteilen. Und verurteilen schon gleich gar nicht. Danke für diesen wertvollen Zusatz, Michelle!

Vertraue

Anfangs ist es einfacher, deinem Außen zu vertrauen. Deinem Vocal Coach, deinem Chorleiter oder dem Kursmaterial. Sie handeln nach besten Wissen und Gewissen. Sie geben ihr Bestes.

Übrigens, auf der Suche nach dem Heiligen Gral ständig von einem Gesangslehrer zum nächsten zu hüpfen, macht dich auch nicht schneller kompetent im Umgang mit deiner Stimme. Du nimmst ja Unterricht, weil du erkannt hast, dass du bestimmte Dinge noch nicht weißt. Danke für die Erinnerung, Brian!

Der wichtigere Part ist jedoch, dass du dir selbst vertraust. Dass du singen lernen kannst. Dass du intuitiv weißt, welche Art von Musik du singen, komponieren, machen magst. Dass deine Stimme – so wie sie jetzt gerade ist – gut so ist.

Hab Ziele

In ihrem Buch “Money Notes” hat Meredith Colby sinngemäß geschrieben: “Wenn du wüsstest, wie du zum Schluss klingst, würdest du alles dafür tun.”

Leider hast du diese Vorahnung nicht. Stattdessen hast du ein viel stärkeres Werkzeug:

Deine Vision.

Wo siehst du dich in 1, 2, 5 Jahren musikalisch? Wie willst du klingen? Welche Musik magst du machen? In welcher Besetzung willst du singen? Welche Instrumente begleiten dich? Auf welchem Level von Professionalität möchtest du dich bewegen?

Es ist wunderbar, darüber nachzudenken. Noch wirkungsvoller ist es, wenn du deine Vision in dein Sing-Journal, dein Notizbuch für Gesang, schreibst.

Wenn du super präzise sein willst, stell dir vor, deine Vision ist wahr geworden. Wie fühlt sich das an? Und: Wenn du zurück schaust auf den Weg bis hierhin, was hast du getan, um diese Ziele zu erreichen? Welche Schritte hast du unternommen?

Lass deine Vision lebendig werden. Je emotionaler, desto besser. Wissen allein reicht heutzutage nicht mehr aus. Du musst es tun. Und Emotionen sind ein viel effizienterer Motivator als “Ich weiß ja, dass ich das tun sollte, aber …“.

Schüttle den Stress weg

Du bist gestresst. Dein grantiger Nachbar ist garantiert gestresst. Ich bin gestresst … manchmal. Stress ist zur Volkskrankheit geworden.

Doch diese Bedrohung von außen, egal ob sie tatsächlich existiert (Säbelzahntiger, Kündigung, Haus überflutet) oder nur vorgestellt ist (Erwartungsdruck, Sorgenkarussell), hat in den seltensten Fällen wirklich mit Singen zu tun. Und sie sorgt für Anspannung im Körper, die deine besten Übungen torpedieren kann.

Wenn du dich beim Singen regelmäßig gestresst fühlst, lockere deinen Körper. Falls du den Platz hast, ist ein Minitrampolin das ideale Lach- und Lockerungsgerät. Ansonsten tun es normale Übungen, die den Körper in Schwung bringen.

Lache mehr

“Alles, was schief gehen kann, wird schief gehen.” besagt Murphys Gesetz. Doch statt dich jetzt ins Sorgenkarussell zu setzen, solltest du deinen Blickwinkel ändern.

Fehler gehören zum Lernen dazu.

Wenn meine Sänger im Unterricht einen groben Schnitzer machen, dann lache ich. Ich meine das nicht böse. Ich freue mich darüber. Denn durch Fehler, durch das Verlassen der Komfortzone lernt das menschliche Gehirn. Und ich liebe es, wenn meine Sänger lernen.

  • “Penching pinnies” statt “pinching pennies” gesungen?
  • Resonanz ganz wild heute?
  • Die häufigen Kiekser bescheren dir fast schon ein Jodeldiplom?

Lach drüber. Oder bleib zumindest ruhig. Niemand zwingt dich, dich selbst scharf zu rügen.

Singen lernen ist, genau wie die Entwicklung als Künstler, ein Kirchenfenster. Viele verschiedene Teile greifen in einander. Bis du jedoch die richtige Kombination gefunden hast, brauchst du Zeit, Muse, und Hingabe. Und immer mit dabei: Geduld.

Ich hoffe, der ein oder andere Gedanke motiviert dich, im Probenraum geduldiger mit dir selbst zu sein.

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