A Cappella Gesang ist nichts für Anfänger
Auf den ersten Blick betrachtet ist A Cappella Gesang ein kinderleichtes Mittel, wie Anfänger ihren Gesang trainieren können. Doch das trügt. Was du können musst, um gut a cappella zu singen und warum Anfänger das nur schwer umsetzen können, verrate ich dir jetzt.
Dieser Artikel ist Teil der A Cappella für Solo-Sänger Woche.
A Cappella Gesang ist die ursprünglichste Art des Menschen, Musik zu machen. Er benötigt dazu nichts weiter, außer sich selbst.
Und jeder tut es: Unter der Dusche, als Kinder beim Spielen und beim Geburtstagsständchen. Immer dann, wenn du ohne instrumentale Begleitung singst, singst du a cappella.
Gleichzeitig ist es schwer, gut a capella zu singen. Zwei Dinge brauchst du dazu:
- Du musst singen können.
- Du musst musikalisch sein.
Die 4 Bestandteile von gutem A Cappella Gesang
Im A Cappella Gesang kommt es erstens darauf an, dass du mit deiner Stimme vertraut bist. Das umfasst die Intonation und das Gefühl für Rhythmus und Beat. Es beinhaltet aber auch, dass du mit deinen Registern umgehen und deine Artikulation plastisch einsetzen kannst.
Melodie und Tonart halten können
Die Töne müssen prinzipiell sauber klingen. Logisch, absichtlich bluesig von Ton zu Ton zu gleiten, ist reizvoll – und fällt in den Bereich der Gestaltung. Bis du dahin kommst, musst du jedoch die Frequenzen hundertprozentig treffen.
Das bedeutet, dass du Intervalle korrekt singst. Ein solides Training im Tonarten-Singen hilft dabei. Das bedeutet nicht, dass du ein absolutes Gehör haben musst. Ein gutes relatives Gehör reicht vollkommen.
Das relative Gehör ermöglicht dir nämlich, deine eigene Ton-Referenz zu sein. Beim A Cappella Gesang musst du wissen, wo dein Grundton ist und in welcher Beziehung der Melodieton oder ein schiefer Ton dazu stehen.
Und letztlich: innerlich voraushören, was als nächstes kommt und wie groß der Abstand zwischen dem letzten und dem nächsten Ton ist. Auch hier kommt dir das Intervall- und Tonarten-Training, so langweilig es manchmal auch ist, zugute.
Das hört sich wahnsinnig kompliziert an, wenn ich es so detailliert ausschreibe. Letztlich ist es aber einfach eine Frage von viel und kontrolliertem Üben und Experimentieren.
Tempo und Beat halten können
Ohne Beat ist dein Lied nur eine chaotische Aneinanderreihung von langen und kurzen Tönen. Er hält den ganzen Song zusammen. Den Beat musst du gleichmäßig halten können.
Tempo und Beat arbeiten zusammen. Das Tempo sagt aus, wie schnell die Grundschläge des Beats zu hören sind. Tempo 60 (so schnell wie der Sekundenzeiger an der Uhr) ist langsamer als Tempo 120 und schneller als Tempo 30. Der Beat an sich bleibt gleich, nur wie schnell oder langsam die einzelnen Beatschläge auf einander folgen verändert sich.
Außerdem musst du dein gewähltes Tempo durchhalten und stetig halten können.
Rhythmus einhalten können
Was der Beat für den Song macht – ihm Struktur geben – macht der Rhythmus für die Melodie. Er sortiert die Wörter und Töne so, dass sich kurze und lange Töne abwechseln. Wie langweilig wäre “Happy Birthday”, wenn alle Töne und Silben genau gleich lang wären!
Im Popgesang gibt es einige Rhythmen, die nicht gerade anfängertauglich sind: Synkopen und vorgezogene Zählzeiten. Beim bloßen Mitsingen, z.B. von “Auf anderen Wegen” von Andreas Bourani, fällt uns das nicht auf. Erst wenn wir uns des Beats bewusst werden, merken wir, wie viel komplizierter der Rhythmus ist.
Beim A Cappella singen kommt es also darauf an, dass du den Durchblick hast.
Außerdem möchtest du natürlich, dass dein Publikum beim Zuhören nicht einschläft. Das schaffst du, indem du deinen Song interpretierst und spannend gestaltest.
Gestalten können
Wer a capella singen will, sollte ein Gespür für die musikalische Gestaltung haben. Für Spannung und Entspannung. Für das Aufbauen, Halten und Abbauen.
Für Sänger sind die wichtigsten Elemente in der Gestaltung:
- wie scharf oder weich der Text artikuliert wird
- wie genau die Tonlängen eingehalten werden
- welche Register und Klänge eingesetzt werden
- wie laut oder leise gesungen wird
- wie hoch und wie gleichmäßig das Tempo gehalten wird
Diese und weitere Faktoren beeinflussten die Dramaturgie jedes Songs.
Kann man A Cappella Gesang trainieren?
Einzeln betrachtet sind diese vier Bestandteile, nicht sonderlich schwierig. Du kannst sie üben und deine Fähigkeiten in jedem einzelnen verbessern. Es ist die Kombination aller, die jedoch A Cappella Gesang für Anfänger wenig geeignet macht, denn “nebenbei” lernen Einsteiger ihre Stimmen gerade erst kennen.
Deine Intonation trainierst du mit Gehör- und Singtraining, um die Verschaltung zwischen Gehör, Gehirn und Kehlkopf zu verbessern. Ein guter Anfang sind Tonleitern und Dreiklänge in Dur und Moll, später auch in Chromatik, Pentatonik und Blues.
Dein Gefühl für den Beat verbesserst du, wenn du ihn aktiv körperlich erfährst. Mach ihn durch Laufen, Klatschen oder Stampfen hörbar und bring ihn in deinen Körper. Das führt dazu, dass ihn später innerlich fühlst. Auch ein Metronomhilft.
Deine Rhythmusfähigkeiten übst du, indem du einzelne Patterns aus deinen Songs isolierst. Lege den Beat und ggf. Zwischenzählzeiten drunter und wähle ein langsames Tempo. Am einfachsten ist das bei geraden Taktarten, wie dem 4/4-Takt, der häufigsten Taktart im Populargesang.
Deine Musikalität stärkst du, indem du dich aktiv mit Songgestaltung beschäftigst. Damit eins gleich klar ist: Musikalität ist genauso wie Talent nichts Gottgegebenes, sondern erlernbar. Probiere unterschiedliche Lautstärken, verschiedene Tempi und bewusste Tempowechsel aus und erforsche, was dabei mit dem Song und deinem Gesang passiert.
Fazit
Seine Stimme und die Musik beherrschen – das sind die elementaren Anforderungen an a capella Sänger. Zum Glück musst du dich nicht darauf verlassen, mit guter Intonation, solidem Rhythmus- und Beatgefühl und Musikalität geboren zu sein, sondern kannst diese vier Bestandteil von gutem A Cappella Gesang trainieren.
Schau morgen wieder auf dem Blog vorbei, denn dann geht es los mit Songs, die sich fürs A Cappella Singen eignen.
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