Gesangsübungen müssen hässlich klingen

Gesangsübungen hören sich nie wirklich wie Gesang an. Sollen sie auch gar nicht. Warum das so ist, erfährst du in diesem Blogartikel.

Wäre Singen lernen eine Münze, dann würde jeder verstehen, dass es zwei Seiten gibt.

Erstens, Sänger singen Songs.

Zweitens, Sänger singen Gesangsübungen.

Beide erfüllen unterschiedliche Zwecke, so wie die Zahlseite einer Münze etwas anderes bedeutet als die Kopfseite.

Mit Songs allein lernst du nicht singen. Dann singst du Songs, aber es tauchen Probleme auf. Die Stimme wackelt, der hohe Ton kratzt ab, oder es klingt kraftlos.

Mit Gesangsübungen allein geht es jedoch auch nicht. Dann singst du technisch perfekt, aber die Gefühle fehlen. Du erreichst dein Publikum nicht, sie sind gelangweilt und du hast keinen Spaß an deinem Auftritt.

Um Singen zu lernen, brauchst du beide Seiten. Auch, wenn du eigentlich nur Songs singen willst.

Gesangsübungen sind komisch

Du klingt seltsam und anders als sonst. Du fühlst dich unsicher. Du machst Sachen mit deiner Stimme, die du noch nie getan hast. Du scheust dich vor deinen eigenen Tönen. Du tust Dinge während des Singens, die dich aus dem Konzept bringen. Du kannst nicht einschätzen, ob das so “richtig” ist. Und du beginnst, an dir zu zweifeln.

Das ist normal.

Unser Stammhirn, der älteste Teil des Gehirns, kennt nur eine einzige Entscheidung: Tut mir das gut oder tut mir das nicht gut? Sprich, fühlst du dich wohl dabei? Dann bitte mehr davon. Fühlst du dich unwohl dabei, dann vermeidest du es.

Genau hier liegt das Problem.

Wann immer du etwas Neues lernen willst, musst du dich unwohl fühlen. Du musst aus der Komfortzone heraus, wenn du dich weiterentwickeln willst. Du musst dich komisch fühlen.

Beim Singen lernen geschieht das in erste Linie über Gesangsübungen.

Gesangsübungen haben eine einzige Aufgabe

Wenn du einen Baum einpflanzt, erwartest du, dass du mit sauberen Händen die Erde andrückst? Oder dass die Schaufel pink mit Glitzer ist?

Natürlich nicht, sagst du. Die Schaufel muss funktionieren, nicht glitzern. Und die Hände kann man wieder sauber waschen.

Genauso ist es mit Gesangsübungen.

Es sind unfertige, übertriebene, isolierte Sounds. Sie trainieren Elemente deiner Gesangstechnik, z.B. ein Register, deine Atmung, einen einzelnen Vokal oder die Art, wie du einen Ton beginnst.

Gesangsübungen sind ein Werkzeug, um ein Problem zu lösen. Am Ende des Tages verwendest du diese Sounds in ihrer Übertreibung und Unfertigkeit jedoch nicht im fertigen Song oder im Auftritt.

Die wahre Aufgabe von Gesangsübungen ist, deine Stimme effizient auszubilden.

“Dass sich die Stimme beim Singen schön anhört“ ist unwichtig beim Singen lernen. Der schöne Klang entsteht später, wenn du die Komponenten zusammensetzt und alles wie ein Uhrwerk perfekt miteinander arbeitet.

Trau dich, hässlich zu klingen

Im Popgesang gibt es so viele Stellen, von denen wir beeindruckt sind.

Hörst du jedoch genau hin und blendest die Band aus, dann hörst du dagegen einen hässlichen Sound: geschrien, gehaucht, gepresst, nahe am Nervenzusammenbruch, fast in Tränen aufgelöst und mit massivem Kloß im Hals, und so weiter.

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Und wie geht das?

Gute Vorsätze sind das eine. Ihnen gutes Verhalten folgen zu lassen, etwas anderes.

Meiner Erfahrung nach hilft es, wenn du dir darüber bewusst wirst, dass dieses Gefühl von Unwohlsein vollkommen normal ist. Lass dich davon nicht verunsichern. Sing deine Gesangsübungen weiter. Vertraue darauf, dass sie die richtigen Veränderungen auslösen werden. Dass du kurzzeitig scheiße klingst, um langfristig besser zu klingen.

Das soll übrigens nicht heißen, dass du die Übungen stoisch ertragen musst. Wenn dir eine Übung körperlich weh tut, dann bring Eigenverantwortung auf. Frag bei deinem Vocal Coach nach, ob du alles richtig machst, oder ob eine andere Übung dir besser helfen könnte.

Wenn alles korrekt ist und du dir einfach nur deppert vorkommst, dann lass dich auf die Gesangsübungen ein. Macht dir bildlich gesprochen die Hände schmutzig und bau deine Stimme auf.

Gesangsübungen helfen dir dabei.