Let’s talk about … Vokale im Gesang!

Heute möchte ich mit dir in die Gesangstechnik eintauchen und eine Sache beleuchten, ohne die es Gesang in der uns bekannten Form nicht gäbe: die Vokale. Was sie sind, warum sie für Sänger so wichtig sind und welche Unterschiede es dabei zwischen der deutschen und der englischen Sprache gibt, das schauen wir uns an.

 

Cantus Animatus – Vokale sind die Seele deines Gesangs!

Das Alphabet wird in zwei Arten von Lauten eingeteilt: in Konsonanten und Vokale. Vokale sind Selbstklinger. Sie können lang und klingend ausgehalten werden. Konsonanten dagegen sind Geräuschlaute.

Vokale sind die Seele im Gesang. Ohne sie würden Sänger keinen Mucks von sich geben. Wenn du das nicht glaubst, versuche mal „kpfrst“ auf einen Ton zu singen! Ohne Vokale ist Singen nur schwer möglich, denn sie transportieren den Klang.

 

Vokale können rein ausgesprochen und gesungen werden. Dann klingt ein A eben wie ein ganz normales A.

Beim Singen müssen Vokale aber auch verändert werden. Sie werden an bestimmte Tonhöhen, Klangeffekte oder in bestimmten Genres angepasst. Diese Veränderung geschieht durch das Einfärben eines Vokals durch einen anderen Vokal. Dann wird ein reines A durch ein E zu einem Ä verändert oder ein O färbt das A in ein sehr dunkles Gemisch aus A und O.

 

I-E-A-I-A-I-O – Welche Vokale gibt es?

In Sprachen, die auf dem lateinischen Alphabet beruhen, gibt es 5 Hauptvokale:

  • A
  • E
  • I
  • O und
  • U

Diese Monophthonge sind einfache Vokale (griechisch: monos = allein, phthóngos = Laut). Ihr Klang ist zu Beginn und am Ende des Vokals gleich. Die zwei Hauptsprachen des Popgesangs in Deutschland, Deutsch und Englisch, basieren auf dem lateinischen Alphabet und besitzen deshalb dieselben Hauptvokale.

 

Daneben gibt es noch Mischvokale. Im Deutschen kennen wir zum Einen die Umlaute, bei denen zwei Vokale zu einem Verschmelzen:

  • Ä, eine Mischung aus A und E
  • Ö, = O und E
  • Ü, = U und E

 

Zum anderen besitzt die deutsche Sprache Diphthonge (Doppelvokale). Dabei werden zwei Vokale nacheinander ausgesprochen:

  • EI und AI wird A-I ausgesprochen wie in „Leim“ und „Mais“
  • AU, = A-U wie in „Haus“
  • EU und ÄU, = O-I wie in „Heu“ und „Läufer“
  • UI, = U-I wie in „hui“

Der Klang ist zu Beginn also anders als am Ende. Doppelvokale erkennst du sowohl an der Schreibweise als auch an der Aussprache. Wenn du zum Beispiel das Wort „heute“ sehr gedehnt aussprichst, hörst du „hoooo-iiii-te“.

 

E oder Eee? – Warum gesprochene Vokale anders klingen als gesungene

Grundsätzlich kannst du Vokale lang oder kurz aussprechen. Das hörst du sehr deutlich bei den Wörtern „aber“ und „Mann“ – „aber“ spricht du mit einem langen A, „Mann“ mit einem kurzen A.

Beim Sprechen ist das alles noch sehr einfach. Aber sing einmal „aber“ und dann sing „Mann“. Du wirst feststellen, dass du in beiden Wörtern den A-Laut lang aushältst. Tust du das nicht, verschenkst du bei „Mann“ viel Klang: „mannnnn“. Der N-Konsonant ist einfach nicht so tragfähig und laut wie der A-Vokal.

Deshalb müssen die Vokale im Gesang länger ausgehalten werden als beim Sprechen.

Am deutlichsten ist das im klassischen Gesang: der Melodie und dem Klang darf nichts im Weg stehen. Klassische Sänger dehnen die Vokale sehr lang, weshalb wir sie oft schlecht verstehen. Diesen vermeintlichen Fehler darfst du jedoch nicht den Sängern vorwerfen. Es gehört zur Stilistik des klassischen Gesangs.

 

Unabhängig von der Länge kannst du Vokale geschlossen oder offen singen und hell oder dunkel. Geschlossen/offen bezieht sich darauf, wie weit du den Unterkiefer öffnest und die Lippen rundest: „Ofen“ (geschlossen) oder „offen“ (offen). Hell/dunkel ist der Unterschied zwischen Mickey Mouse (sehr hell) und Goofy (sehr dunkel) und bezieht sich darauf, wie viel Platz im Mund und Rachen ist.

 

Diphthonge stellen im Singen ebenfalls einen Stolperfalle dar. Beim Sprechen sind beide Vokale automatisch gleich lang. Viele Anfänger-Sänger begehen den Fehler, dass sie den ersten Vokal eines Diphthongs zu schnell singen und auf dem zweiten kleben bleiben: „A-uuuuu-genblick“. Um das zu vermeiden, musst du den ersten Vokal länger aushalten als den zweiten: „Aaaaa-u-genblick“.

Falls dir jetzt von den vielen Möglichkeiten, einen Vokal zu singen, der Kopf schwirrt: Keine Angst. Als Muttersprachler machst du das im Deutschen unbewusst und ganz automatisch. (Und als Nicht-Muttersprachler gibst du dir sehr viel Mühe ;-) )

 

Hochdeutsch, was’n dat? – Deutsch-Pop und die Vokale 

In der Popularmusik sind die Vokale und Konsonanten gleichberechtigter als im klassischen Gesang. Popgesang orientiert sich stark an der gesprochenen Sprache. Doch auch hier gibt es Unterschiede: In Disneyfilmen sind die Vokale häufig länger als die Konsonanten. Das gibt Balladen wie „Endlich sehe ich das Licht“ und „A Whole New World“ ihren unverwechselbaren Charakter. In Musicals müssen die Konsonanten knackig sein, die Aussprache wird perkussiver.

Und im Deutsch-Pop? Da wird oft genauso heftig genuschelt wie beim Sprechen.

Ein berühmtes Beispiel für einen Sänger, der genauso singt wie er spricht, ist Herbert Grönemeyer. Du kannst also auch mit Sprechgesang Erfolg haben. Der Nachteil? Du schränkst dich stilistisch stark ein. Ein Torch Song wie „One Moment in Time“ in Grönemeyer-Manier kommt beim Publikum nicht an.

Wie kannst du die Vokalfalle also umgehen? Anfänger- und Hobbysänger profitieren davon, anfangs die Vokale länger zu singen, als sie es vom Sprechen gewöhnt sind. Dadurch lassen sie mehr Klang aus sich heraus und sind zufriedener mit ihrer Leistung.

 

In English, please! – Vokale im englischen Gesang

In der englischen Sprache, der anderen Hauptsprache für Popgesang in Deutschland, kommen neben den Hauptvokalen ebenfalls Diphthonge vor und sogar Triphthonge (Dreifachvokale). Der Unterschied? Sie werden anders ausgesprochen als sie geschrieben werden.

Für den simplen I-Laut gibt es zum Beispiel zahlreiche Buchstabenkombinationen:

  • she
  • ski
  • meet
  • key
  • quay
  • people
  • Caesar
  • believe
  • receive
  • phoenix

 

Das führt im Gesang häufig zu Problemen, weil Nicht-Muttersprachler auf den ersten Blick schwer einschätzen können, welcher Laut tatsächlich gesungen wird.

Bei unbekannten Wörtern hilft ein Blick ins Wörterbuch – und zwar ein europäisches, dass auch die Lautschrift darstellt.

Die Lautschrift für „key“ und „phoenix“ sieht dann so aus: [ki:] und [‚fi:nɪks]. Sofort siehst du, dass ein langes I [i:] verlangt wird.

 

Das gleiche Buchstaben-Wirrwarr betrifft Diphthonge und Triphthonge, denn diese werden nicht immer mit 2 oder 3 Buchstaben dargestellt. Probier die folgenden Wörter mit Doppelvokalen aus:

  • go = go-u
  • day = dä-i
  • break =brä-i-k

 

Das gilt auch für Dreifachvokale: „hour“ wird A-U-R ausgesprochen (mit dem typisch englischen Gaumen-R) und „fire“ wird A-I-R ausgesprochen.

Beim Singen gilt für englische Doppel- und Dreifachvokale übrigens die gleiche Regel wie für deutsche Diphthonge: den ersten Vokal verlängern und den Rest normal behandeln.

 

Die Übersicht „Englische Vokale im Gesang“ macht dir das Sängerleben leichter. Darin findest du eine komplette Aussprachehilfe und Beispiele. Du darfst sie dir hier kostenlos herunterladen.

 

Fazit

Ich hoffe, dieser Rundgang durch die Tiefen der Gesangstechnik hat dir Lust gemacht, deine Artikulation mal unter die Lupe zu nehmen. Wir haben uns gemeinsam angeschaut, was Vokale sind und warum sie für den Gesang lebenswichtig sind. Wir haben geklärt, was du beim Singen anders machen musst als beim Sprechen und wie die Vokale in der deutschen und englischen Popmusik behandelt werden, um der Sprache und dem Klang gerecht zu werden.

Die Umstellung auf die längeren Vokale im Gesang brauchst nur etwas Aufmerksamkeit und Geduld, bis du es ganz automatisch und unbewusst tust.

 


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