So lernst du Töne zu treffen

Töne treffen ist nicht schwer - 5 Basic-Methoden helfen dir

Die Fähigkeit, Töne zu treffen ist für Sänger sehr wichtig. Sie gehört in jedem Stil zum Fundament einer guten Stimme. Deshalb zeige ich dir heute 5 Methoden, mit denen du deine Intonation langfristig trainieren kannst.

 

5 Methoden, um Töne treffen zu lernen

Sicherlich ist dir auch schon mal der ein oder andere falsche Ton herausgerutscht. In der Aufregung passiert das jedem Sänger mal.

Falls du jedoch mehr als nur ein paar Töne nicht triffst, dann probiere diese fünf Methoden aus, mit denen du deine Intonationsfähigkeit verbessern kannst. Alle sind erprobt und haben meinen Schülern bereits oft geholfen.

 

Methode 1: Einzelne Töne nachsingen

Mit dieser Methode kannst du sehr schnell einschätzen, ob du generell ein Problem mit dem Treffen der Töne hast oder ob das nur in bestimmten Bereichen deines Stimmumfangs auftritt.

Setz dich ans Klavier und spiele dir einzeln Töne vor. Oder bitte einen Freunin, sie dir vorzuspielen.

Wähle dazu einen Bereich auf dem Klavier aus, in dem du bequem singen kannst. Am besten klappt das in der Nähe deiner Sprechlage, und 5-7 Töne darüber.

Spiel einen Ton und sing ihn nach. Wenn beide Töne (dein gesungener Ton und der Klavierton) übereinstimmen, hast du den Ton getroffen. Dann sing einen neuen Ton und wiederhole alle Schritte.

 

Diese Methode funktioniert auch, wenn dir ein anderer Sänger die Töne vorsingt. Gerade Anfänger profitieren stark vom Vorsingen-Nachsingen-Effekt.

 

Methode 2: Vier-Schritte-Methode

Wenn dir die erste Methode schwerfällt, geh kleinschrittiger vor.

Dazu benutze ich mit Schülern gern eine Methode aus dem Buch „Vocal Basics“ von Billi Myer, die aus vier Schritten besteht.

  1. Spiel dir einen Ton auf dem Klavier vor und hör ihn dir ganz genau an. Nur hören!
  2. Spiel denselben Ton noch einmal und stell ihn dir im Kopf vor. Wie hoch oder tief ist er? Stell dir vor, wie du ihn mit deinem inneren Ohr hörst und ihn singst. Nur vorstellen!
  3. Spiel den Ton ein weiteres Mal. Hör genau hin, stell ihn dir vor und sing ihn dann.
  4. Vergleiche deinen gesungenen Ton mit dem Klavierton. Stimmen sie überein? Wenn ja: Super! Du hast alles richtig gemacht. Falls nicht: Versuchs nochmal.

Diese langsame Methode belohnt dich mit einer soliden Kommunikation zwischen Ohr und Kehlkopf.

 

Methode 3: Intervalle singen

Ich gebe zu, diese Methode ist nicht die Spannendste. Aber das Ergebnis entschädigt dich für alle Mühen. Denn wenn du Intervalle singen kannst, hast du eine genaue Vorstellung davon, wie sich zwei Töne zueinander verhalten. Du kennst ihre Beziehung.

Fang mit den zwei einfachsten Intervallen an – der Prime und der Sekunde. Eine Prime ist eine schlichte Tonwiederholung. Die Sekunde kennst du als Tonschritt.

Damit kannst du schon „Alle meine Entchen“ singen. Die Textsilben „al-le-mei-ne-Ent“ sind Sekunden, die fünf Töne aufwärts gehen. „Ent-chen“ ist eine Prime auf dem fünften Ton.

 

Arbeite dann an Terz, Quinte und Oktave, und zuletzt an Quarte, Sexte und Septime. Für den Großteil der Popmusik reicht das vollkommen aus.

 

Nachdem du einzelne Intervalle singen kannst, übe auch Akkorde und Tonleitern. Sie kommen in jedem Song vor, besonders als Verzierungen. Die geringe Abwechslung sorgt dabei dafür, dass du dich ganz auf die Intonation konzentrieren kannst.

 

Methode 4: Die Dartscheibe

Du kannst einen Ton entweder ganz genau treffen, oder du singst ihn zu tief oder zu hoch. Das mentale Bild der Dartscheibe kann dir helfen, die Töne genau in der Mitte zu treffen.

Stell dir vor, deine Töne sind Pfeile, mit denen du auf eine Dartscheibe zielst. Wenn du einen Ton genau richtig singst, triffst du direkt in die Mitte der Dartscheibe.

Landet dein gesungener Dartpfeil oberhalb der Mitte, ist er zu hoch. Korrigiere ihn in diesem Fall nach unten, indem du den Ton ganz langsam ein bisschen nach unten rutschen lässt wie bei einer Sirene.

Landet er unterhalb der Mitte, ist der Ton zu tief. Korrigiere ihn dann nach oben. Dazu rutscht du den Ton wie bei der Sirenen-Übung langsam ein bisschen nach oben.

 

Wichtig: Führe die Korrekturen sehr langsam aus, um direkt stoppen zu können, wenn du die Mitte triffst.

Diese Methode funktioniert auch, wenn du dir eine Pinnnadel vorstellt oder einen Nagel an der Wand. Triff sie direkt auf dem knubbeligen Kopf.

 

Methode 5: Die Tontreppe

Um eine Phrase richtig zu intonieren, stell dir die Melodie wie eine Tontreppe vor. Sie hat acht Stufen, wie die acht weißen Klaviertasten innerhalb einer Oktave.

  • Auf welcher Stufe beginnt die Phrase? Das ist die Treppenstufe, auf der deine Melodie beginnt.
  • Werden die Töne tiefer? Dann geht ein paar Stufen runter.
  • Werden die nächsten Töne höher? Dann geh wieder aufwärts.

 

„Alle meine Entchen“ zum Beispiel beginnt auf der ersten Stufe, geht dann zur zweiten, dritten und vierten Stufe. Die fünfte Stufe wird zweimal gesungen, dann viermal die sechste Stufe und so weiter.

 

Wenn du die Melodie als Tontreppe klar vor deinem geistigen Auge siehst, dann sing die Phrase und stell dir dabei vor, wie du die Tontreppe auf und ab gehst.

Bei Tonsprüngen springst du zwischen den Stufen der Tontreppe hin und her.

 

Tipps aus der Gesangslehrer-Trickkiste

Es ist nicht immer einfach, an der Intonation zu arbeiten. Der Grat zwischen Richtigsingen und Falschsingen ist schmal. Häufig trennen nur 3-4 Hertz einen falschen Ton von einem richtigen.

Zum Anderen ist unser Instrument jeden Tag ein bisschen anders gelaunt. Je nachdem, was du während des Tages erlebt hast. Er reagiert dann anders auf Impulse und Verbesserungsvorschläge.

Sei deshalb sehr geduldig mit dir selbst!

 

Wenn deine Intonation generell zu hoch oder zu tief ist, lohnt es sich, einen genauen Blick auf die Spannungs- und Entspannungszustände in deinem Körper zu werfen.

Singst du konsequent zu hoch, dann hast du zuviel Spannung in deinem Körper (Überspannung). Entspannungsübungen für Körper und Atmung sind hier erste Ansatzpunkte. Achte während des Singens außerdem darauf, im Rachen und in den Schultern locker zu bleiben.

Singst du hingegen immer zu tief, bist du unterspannt. Arbeite an deiner Atmung und einer energiegeladenen Körperhaltung. Die Sängeratmung und ein solider Support bewahren dich vor dem Absinken.

 

Parallel dazu lohnt es, wenn du auch dein Gehör weiter entwickelst. Dazu gibt es Gehörbildungsprogramme für den Computer bzw. Apps, mit denen du deine Fähigkeit einen Ton richtig einzuordnen trainieren kannst. Trotz dieses sehr gezielten Trainings schulst du damit auch deine allgemeine Hörwahrnehmung.

 

Fazit

Alle diese Methoden habe ich in meinen Gesangsunterricht mehrfach mit Sängern erprobt. Probiere sie aus. Experimentiere so lange, bis du ein oder zwei gefunden hast, die für dich funktionieren.

Viel Spaß und gut Ton!

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7 Kommentare
  1. Carola sagte:

    Danke, das probiere ich auf jeden Fall aus. Es kann ja nur besser werden. Seit ich einen neuen Gesangslehrer habe, regt sich in mir das Gefühl, vollkommen am Anfang zu stehen. Dabei singe ich bereits 40 Jahre in Chören und habe in den letzten 3 Jahren 2x monatlich (bis Juni 2015) Gesangsunterricht gehabt. Seitdem musste ich pausieren. Woran kann das liegen? Aufregung, Versagensangst oder was kann der Grund sein? Im Chor klappt es doch auch.

    Antworten
    • Jessica Pawlitzki sagte:

      Wie schön, dass ich dir helfen konnte.

      Es ist normal, dass es mit einem neuen Gesangslehrer anfangs etwas unrund läuft. Ihr müsst euch ja erst einmal kennenlernen. Alles ist neu – der Gesangslehrer, der Raum, die Zeit, neue Übungen, neue Ansichten, neue Methoden – anders als im Chor, wo du alles und jeden schon kennst. Dein neuer Gesangslehrer muss erst noch herausfinden, wie du tickst, und du, wie er reagiert. Das wird sich mit der Zeit geben. Viel Erfolg!

      LG Jessica Pawlitzki

      Antworten
  2. Katrin sagte:

    Danke . Gute Tipps. Aber wie ist es wenn man selbst nicht hört, dass man den falschen Ton singt? Er kann es auch nicht richtig nachsingen. Ist das mit Übung erlernbar? Oder ist falsches hören angeboren?

    Antworten
    • Jessica Pawlitzki sagte:

      Hallo Katrin,

      wenn du es selbst nicht oder nicht eindeutig hörst, kannst du entweder mit Aufnahmen arbeiten oder mit einer visuellen Kontrolle.

      Für die Aufnahmen nimm eine Diktier-App und nimm dein Intonationstraining auf. Starte die Aufnahme, spiel den Ton auf dem Klavier, der Gitarre oder von einer App, sing ihn bestmöglich nach und stoppe die Aufnahme. Hör sie dir an. Damit kannst du dich während des Singens voll auf das Treffen der Töne konzentrieren (ohne gleichzeitig auch noch die Ohren spitzen zu müssen) und kannst hinterher die Intonation in Ruhe überprüfen.

      Für die visuelle Kontrolle empfehle ich dir die App „Vocal Pitch Monitor“ (Android oder iOS). Spiel den Ton auf dem Klavier, der Gitarre oder von einer App vor und schau, auf welcher Linie er angezeigt wird. Dann sing ihn bestmöglich nach und versuche, so nah wie möglich an die Linie heranzukommen, auf der der vorgespielte Ton angezeigt wurde.

      Viel Erfolg!

      Antworten
  3. Jessica Pawlitzki sagte:

    Von einigen Tagen erreiche mich per Email der Kommentar eines Leser zu diesem Artikel, genauer gesagt zur Methode 3, den ich hier nachtragen möchte. Vielleicht interessiert es auch noch andere Leser :)

    Original-Wortlaut der Email, Kürzung stammt von mir:

    Ich denke, wenn wir über Intervalle singen sprechen müssen, stimmt es nicht, dass Prime und Sekunde das „einfachste“ sind. Naja Prime ist ja kein Thema. Aber wenn schon so, dann ist die Quarte der Einstieg. Tatü tata … Wenn auch Musiklehrer das nicht gern sehen; aber wenn schon über Intervalle, dann fangen wir mit der Feuerwehr an. Das ist das einfachste […].

    Zunächst einmal möchte ich anmerken, dass die Quarte tatsächlich allgegenwärtig ist, vor allem aber in Deutschland, Österreich und Schweiz. Denn in anderen (auch europäischen) Ländern plärren die Martinshörner ganz anders. Außerdem taucht sie außerhalb von Volksliedern nicht unbedingt oft auf. Ich hab übrigens prinzipiell nichts gegen die Eselsbrücke der Martinshörner für die Quarte – es ist meine Standardantwort auf die Frage, wie eine Quarte klingt, gerade weil uns der Klang so vertraut ist. Ja, das macht die Quarte einfach, meiner Erfahrung nach aber nicht universell einfach.
    Die Sekunde findest du hingegen in ganz vielen Liedern. Das fängt schon bei „Alle meine Entchen“ und „Happy Birthday“ an und zieht sich durch sämtliche Durchgangstöne, Tonleiterausschnitte und Riffs in der Popmusik. Und viele Songs aus den letzten 10, 15 Jahren sind regelrechte Sekunden-Partykanonen, die rechts und links und oben und unten nur Sekunden ausspucken.
    Die Quarte sagt dir im Vergleich zur Sekunde auch nicht viel über den Aufbau von Melodien. Sie macht Sängern meiner Erfahrung nach den Einstieg in die Musiktheorie und ins Gehörtraining schwerer.
    Wenn du tatsächlich ein universelles Intervall finden möchtest, brauchst du nur zu Kleinkindern schauen. Beinah jedes von ihnen findet von sich aus, beim Vor-Sich-Her-Singen, die kleine Terz abwärts, die Kuckucksterz. (Und obendrein trägt die Kuckucksterz sicherlich das Ihrige dazu bei, dass Menschen in der westlichen Welt Dur geläufiger ist und deshalb leichter fällt als Moll.)

    Falls es euch interessiert, kann ich ja einen Artikel über Intervalle schreiben und wie Sänger sie mit Popsongs trainieren können.

    Liebe Grüße, Jessica

    Antworten

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