Der Unterschied zwischen Warm Up-Übungen und Gesangstechnik-Übungen
Was unterscheidet eine Warm Up Übung von einer technischen Übung? Diesem Gedanken möchte ich heute nachgehen, denn es wäre fatal, wenn du die zwei in einen Topf wirfst.
Magst du lieber Rocher oder Raffaello? Schoko oder Kokos? Oder doch besser Maltesers? Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, haben diese 3 Süßigkeiten mit Singen zu tun. Sie bestehen aus einer weichen Außenhülle und einem knackigen Kern.
Genauso verhält es sich mit Gesangsübungen. Die kommen mal mit Schokoladen-Haselnuss-Geschmack daher, mal mit Kokos, dann wieder mit Malz-Schokolade. In Sängersprache: Die Melodie verläuft wie ein Dreiklang rauf und runter, wie die ersten 5 Töne der Tonleiter abwärts gesungen, oder wie ein Dreiklang durch eineinhalb Oktaven hindurch. Oder die eine geht auf “ma”, die nächste of “so” und die dritte auf “nä-nä-nä”.
Doch wie du sie einsetzt, macht den Unterschied. Die gleiche Übung kann mal als Einsingübung herhalten und ein anderes Mal als Training für deine Gesangstechnik. Der Zweck macht’s.
Das ist wie der Unterschied zwischen der soften Außenhülle der Süßigkeit oder dem harten Kern.
Nimm als Beispiel einen unschuldigen Dreiklang: c-e-g-e-g, oder Grundton – Terz – Quinte – Terz – Grundton.
Eine Gesangsübung als Warm Up einsetzen
Wenn du die Beispielübung zum Einsingen benutzt, wirst du wahrscheinlich in einer bequemen Lage anfangen zu singen. Eher in der oberen Sprechstimmlage statt gleich in der Extremlage. Du singst sie auf “bla” oder “you” oder vielleicht auf “whee”. Du gehst ein wenig in die Höhe mit der Übung und wenn die Stimme keine Lust mehr auf die Anstrengung hat, drehst du um und tauchst in die tiefen Töne ab.
Das Warm Up ist die mentale und körperliche Vorbereitung auf das Singen. Du wärmst die Muskulatur auf, lockerst Verspannungen im Körper und lässt die Stimme einfach laufen, wie und wohin sie gerade will.
Warm Up Übungen sind simpel. Sie haben einen geringen Anspruch an den Klang (“schön singen”) und an die Intonation (“richtig singen”). Töne dürfen kratzig sein, verschlafen, verschleimt; Vokale zu weit hinten, zu breit, zu nasal. Im Einsingen schaust du, in welcher Verfassung sich deine Stimme heute befindet, und du schwingst dich auf das Singen ein.
Warm Up-Übungen sind wie die Außenhülle der Süßigkeiten. Du kommst easy durch sie hindurch.
Eine Gesangsübung als Gesangstechnik einsetzen
Verwendest du die Beispielübung, um deine Gesangstechnik zu trainieren, sieht es anders aus. Dann gehst du bewusst in die unbequemeren Lagen. Die Melodie bleibt gleich, aber die Silben verändern den gesamten Fokus.
Auf “bla” kannst du damit super an den tiefen Tönen arbeiten. Auf “you” an den hohen Tönen. Und “whee” begleitet dich in der Mittellage. Mit nur einem Melodiemodell hast du auf einen Schlag drei technische Übungen mit unterschiedlichem Schwerpunkt.
Die Gesangstechnik ist die Arbeit an der Stimme und am Körper. Das Ziel? Die Stimme leistungsfähig für Popularmusik zu machen. Genauer gesagt möchtest du erreichen, dass dein Instrument effizient funktioniert, dabei gesund bleibt und die Anforderungen der Popmusik erfüllen kann.
Der Basketball-Trainer John Wooden war bekannt dafür, dass er die Trainingssaison mit einem scheinbar irrwitzigen Ritual begann. Er zeigte seinen Spielern, wie sie ihre Socken faltenfrei anziehen und ihre Schuhe so binden, dass ihnen während des Trainings oder eines Spiels nicht die Schnürsenkel aufgehen. Und er war dabei penibel! Man sollte meinen, erwachsene Männer wüssten, wie man Socken und Schuhe anzieht.
Ryan Holiday hat dieses Ritual sehr treffend zusammengefasst:
“Schau, wenn du Falten in den Socken hast oder deine Schuhe nicht ordentlich gebunden sind, wirst du Blasen bekommen. Mit Blasen verpasst du das Training. Wenn du das Training verpasst, wirst du nicht im Spiel eingesetzt. Und wenn du nicht spielst, können wir nicht gewinnen.“
(Quelle)
Gesangstechnische Übungen sind Detailarbeit. Oft feilst du minutenlang an Kleinigkeiten, um die richtigen Dinge auszulösen und deine bisherige Gewohnheiten zu überwinden. Der American Football-Coach Tony Dungy hat durch das gezielte Training der Gewohnheiten die Tampa Bay Buccaneers von der untersten Liga zum Superbowl geführt.
Es geht. Es ist Arbeit und langwierig und manchmal hast du überhaupt keine Lust dazu. Durch den harten Kern der Süßigkeit musst du dich auch durchbeißen. Mach die Arbeit, und du wirst die Lorbeeren sammeln können.
Fazit
Warm Up Übungen und Gesangstechnik Übungen arbeiten beide mit demselben Material: dem Körper, der Atmung, der Stimme und dem Klang. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrer Absicht, die dahinter steckt. Sie bestimmt deinen Fokus und wie effektiv eine Gesangsübung ist.
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