Bruststimme und Kopfstimme – was ist das?

Viele Sänger wissen nicht, was Bruststimme und Kopfstimme sind. Dieses Wissen hilft aber, um typische Anfängerfehler zu vermeiden. Deswegen möchte ich heute mit dir darüber sprechen, was sie sind und wie sie klingen.

 

Gesangslehrer und Vocal Coaches teilen die Stimme in Register ein. Ein Register ist eine Ansammlung benachbarter Töne, die einen charakteristischen, einheitlichen Klang aufweisen. Die Größe des Registers variiert je nach Register und nach dem Level, auf dem ein Sänger singt.

Zur Registerfrage lohnt sich ein eigenständiger Artikel, deshalb möchte ich heute nur auf die zwei wichtigsten Register eingehen: Brustimme und Kopfstimme.

 

Über diese beiden Bescheid zu wissen, hilft dir, deine Stimme gesund und effizient einzusetzen. So erreichst du deine Ziele schneller, und verhinderst Blockaden, an denen du nicht weiterkommst.

 

Die Bruststimme

Mit ihr sind alle Erwachsenen vertraut. Mit der Bruststimme reden wird nämlich. Die Bruststimme klingt laut, kräftig, erwachsen und männlich. Die letzten beiden Adjektive haben dich wahrscheinlich überrascht. Es wir deutlicher, was ich damit meine, wenn du sie mit den Adjektiven vergleichst, die ich für die Kopfstimme ausgewählt habe.

Der Begriff “Bruststimme” ist dabei nur ein umgangssprachlicher Ausdruck. Die Funktion, die sich dabei im Kehlkopf abspielt, beschreibe ich besser mit “Vollstimme”. Denn wenn du einen Ton in diesem Register singst, schwingt ein Großteil bzw. die Gesamtheit der Stimmlippen und wird zur Tonproduktion eingesetzt.

 

Die Bruststimme klingt zum Beispiel so:

 

Eine weitere mögliche Beschreibung der Bruststimme kenne ich bereits aus meinem Studium, wo der Schwerpunkt im klassischen Gesang lag: die “Funktionsweise der Stimme, welche vor allem durch Vibrationsempfindungen im Brustbereich charakterisiert ist”. (1)

Ich war mir schon damals nicht sicher, ob ich damit etwas anfangen kann. Die Theorie der Vibrationsempfindung ist für mich einfach nicht schlüssig. Ich spüre zwar Sympathieresonanzen im Brustkorb, wenn ich die Bruststimme benutze, jedoch spüre ich keine, wenn ich die Kopfstimme benutze (siehe unten). Aber vielleicht hilft dir diese Beschreibung, weil du diese Schwingungen beim Singen spürst.

Quelle (1): Lexikon der Gesangsstimme, Laaber Verlag, 2016, Laaber, S.99

 

Wer benutzt verstärkt die Bruststimme?

Ich habe in meinem Unterrichtsstudio ab und an Sänger, die sehr stark nur ein Register benutzen. Über die Jahre sind mir dabei Gemeinsamkeiten aufgefallen. Ich hoffe, diese Beschreibungen helfen dir, Sänger in deinem Umfeld zu erkennen und so ein tieferes Verständnis für das Brustregister zu bekommen.

  • Sänger, die fast ausschließlich modernen Pop, Rock oder Musical hören und (mit)singen
  • Sänger, die jünger als 20 Jahre alt sind
  • Sänger, die sich das Singen selbst beigebracht haben
  • Sänger, die im Alltag häufig rufen oder schreien

 

Die Kopfstimme

Manchmal möchte ich die Kopfstimme „das unbekannte Wesen“ nennen. Mit ihr sind vor allem jene erwachsenen Sänger weniger vertraut, die im Selbststudium gelernt haben oder deren letzte Singaktivität Jahre zurück liegt. Das liegt auch daran, dass wir sie im alltäglichen Sprechen selten bis gar nicht einsetzen.

Im Gegensatz zur Bruststimme klingt die Kopfstimme leise und zart. Sie wird auch als dünn oder schwach bezeichnet, als kindlich oder weiblich.

Das liegt daran, dass vor allem Kinder in diesem Register sprechen, bevor in der Pubertät der Stimmbruch einsetzt. Wenn du jemanden anrufst und statt der Mutter das Kindergartenkind am Hörer hast, weißt du, was ich meine.

Der Begriff “Kopfstimme” ist ebenso wie der der Bruststimme umgangssprachlich. Betrachtest du die Abläufe im Kehlkopf während der Tonproduktion, kannst du sehen, dass nur die oberste Schicht der Stimmlippen schwingt. Die drunterliegenden Schichten einschließlich des Stimmmuskels sind nicht oder nur eingeschränkt beteiligt. Es schwingt nur der Rand der Stimmlippen, daher der Begriff “Randstimme”.

 

Die Kopfstimme klingt zum Beispiel so:

 

Zum besseren Vergleich möchte ich auch für die Kopfstimme die Beschreibung anführen, die oft im klassischen Gesang benutzt wird: “vor allem durch Vibrationsempfindungen im Kopfbereich charakterisiertes Stimmregister” (2). Wie ich bereits schrieb, spüre ich beim Singen keine Schwingungen in meinem Schädel. Weder auf dem Kopf noch im Stirnbereich. Aber wer weißt, vielleicht hilft diese Beschreibung dir?

Quelle (2): Lexikon der Gesangsstimme, Laaber Verlag, 2016, Laaber, S.352

 

Wer benutzt verstärkt die Kopfstimme?

Ich habe in meinem Unterrichtsstudio ab und an Sänger, die sehr stark nur ein Register benutzen. Über die Jahre sind mir dabei Gemeinsamkeiten aufgefallen. Ich hoffe, diese Beschreibungen helfen dir, Sänger in deinem Umfeld zu erkennen und so ein tieferes Verständnis für das Kopfregister zu bekommen.

  • Sänger, die viel mit jüngeren Kindern arbeiten oder musizieren
  • Sänger, die lange in einem Chor mit traditionellem Klangideal (Klassik bzw. klassische Chorliteratur) gesungen haben bzw. singen
  • Sänger, die ihren Kindern regelmäßig Schlaflieder vorsingen
  • Sänger, die tendenziell leise oder höher als die Menschen in ihrer Umgebung sprechen

 

Warum von Vollstimme und Randstimme reden, statt von Bruststimme und Kopfstimme?

Wenn du dich sehr stark mit einem dieser beiden Stimmregister identifizierst, und das andere ablehnst, kann es dir helfen, die Begrifflichkeiten auszutauschen, bis du sie wertfrei einsetzen kannst.

Statt mit Bruststimme also männlich und laut zu assoziieren, konzentrierst du dich auf die Vollstimme und dass deine Stimme dabei einen geschlossenen, dichten, kraftvollen Ton produziert.

Gleiches gilt für die Kopfstimme. Tausche die negativen Assoziationen des Weiblichen, Kindlichen oder Schwachen aus gegen die Funktion der Randstimme. Das Gummiband verdeutlicht es: Für einen höheren Ton muss es stärker gespannt sein – es kann gar nicht mehr alles mitschwingen.

 

Fazit

Bruststimme und Kopfstimme sind nur zwei Register der menschlichen Stimme. Trotz aller Kontroversen zum Thema Register sind sie im Populargesang aber mit Sicherheit die wichtigsten. Ich hoffe, dieser Artikel hilft dir, sie zu unterscheiden.

Wie empfindest du deine Bruststimme und Kopfstimme? Spürst du sie in deinem Körper schwingen? Welche Erfahrungen hast du damit gemacht?


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2 Kommentare
  1. Mustafa sagte:

    Danke für diesen grossen Tip mit dem Bruststimme. Es funktioniert echt.Hatte nie gedacht das ein Mensch aus dem Brust singen und reden kann.

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